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Berlin: Arbeitsamt erwartet 9000 Berliner „Ich-AGs“ – allein in diesem Jahr

Die Behörde gibt zu, dass es noch Anlaufschwierigkeiten gibt – doch ab Mitte nächster Woche können Jobsuchende den neuen Weg in die Selbständigkeit antreten

Der Motor der „Ich-AG“ stottert noch. Klaus Pohl, Sprecher des Landesarbeitsamtes, räumte Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung des „Hartz-Konzepts“ ein. So wurden die Antragsformulare zur Gründung einer „Ich-AG“ erst am Freitag auf die Homepage des Arbeitsamtes gestellt. Auch die Berater müssten sich noch in die neuen Aufgaben einarbeiten. „Aber spätestens Mitte nächster Woche läuft die Sache rund. Da bin ich sicher.“ Ich-AG heißt, dass Jobsuchende ein Unternehmen mit genau einem Beschäftigten gründen sollen: nämlich sich selbst. Verdienen sie anschließend jährlich nicht mehr als 25 000 Euro, bezuschusst sie das Arbeitsamt im ersten Jahr mit 600 Euro monatlich, im zweiten mit 360 und im dritten mit 240.

Pohl hofft, dass so 9000 Menschen, die heute noch ohne Job sind, am Jahresende bereits am eigenen Schreibtisch sitzen statt auf den Fluren des Arbeitsamtes. „Bis Ende 2004 sind es nach unseren Berechnungen sogar 15 000. Das wären fünf Prozent aller Berliner Arbeitslosen.“ Pohl zieht für seine Schätzung das bisherige Überbrückungsgeld heran, das Arbeitslosen ebenfalls für den Gang in die Selbstständigkeit gewährt wurde. „Dabei haben wir in den vergangenen Jahren eine kontinuierliche Steigerung erlebt – auf zuletzt 7500 neue Selbständige im Jahr.“ Allerdings erwartet Pohl, dass die Ich-AG das Überbrückungsgeld eher verdrängen als ergänzen wird. Pohl gibt sich gleichwohl optimistisch: „Die Menschen in dieser Stadt sind innovativer als anderswo.“ Derzeit suchen in der Hauptstadt mehr als 300 000 Menschen nach einer neuen Stelle.

Doch mit dem Gang ins eigene Unternehmen lassen sich die Berliner Jobsuchenden noch Zeit. „Die Menschen müssen sich mit unserer Offerte erstmal auseinander setzen“, so der Arbeitsamtssprecher. Außerdem sei die Gesetzesinitiative der Bundesregierung erst kurz vor Weihnachten beschlossen worden, so Eberhard Mann, Sprecher der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg.

Der „Existenzgründungszuschuss“, wie die Ich-AG im Verwaltungsdeutsch heißt, muss jährlich neu beantragt werden – Verdienstnachweis inklusive. Die Arbeitsämter lassen zunächst alle Geschäftsideen für die künftige Selbstständigkeit gelten, „wir vertrauen auf die Vernunft der Menschen und wollen auch Erfahrungen sammeln“, so Pohl.

Und so funktioniert der Gang in die eigene Firma:

Am Anfang muss sich der Existenzgründer natürlich überlegen, welche möglichst erfolgversprechende Geschäftsidee er umsetzen möchte .

Dann kann der Antrag auf „Existenzgründerzuschuss“ zunächst formlos gestellt werden. Eine Ich-AG können alle gründen, die derzeit Arbeitslosengeld oder -hilfe beziehen, in einer Arbeitsbeschaffungs- oder Strukturanpassungsmaßnahme stecken.

Nun muss ein Gewerbeschein beantragt werden – zum Nachweis der Selbständigkeit. Der Gewerbeschein – für eine handwerkliche Tätigkeit eine Bestätigung der Handwerkskammer – wird dem Antrag für die Ich-AG beigefügt, den es bei den Arbeitsämtern gibt oder von der Homepage des Landesarbeitsamtes herunter geladen werden kann.

Der Ich-AG-Gründer stellt einen weiteren Antrag auf Mitgliedschaft in der Rentenversicherung, tut gleiches bei einer Krankenkasse, und muss für seine angepeilte Selbstständigkeit einen niedrigeren Satz als den Pflichtsatz zahlen. Pohl zufolge werden diese Mitgliedschaften problemlos gewährt.

Schließlich muss die neue Ich-AG nach einem Jahr nachweisen, wie viel Geld sie verdient hat.

Heiko Wiegand

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