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© dpa

Arbeitskampf bei der BVG: Jetzt droht das große Chaos auf Berlins Straßen

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen stimmen die BVG-Beschäftigten über einen unbefristeten Streik ab. Anfang März könnten Busse, Trams und U-Bahnen für unbestimmte Zeit ausfallen.

In den nächsten Wochen wird bei der BVG wieder gestreikt – und das dann wahrscheinlich unbefristet. Gestern hat die Gewerkschaft Verdi die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der BVG für gescheitert erklärt und ihre Mitglieder zur Urabstimmung über einen Streik aufgerufen. Diese soll am kommenden Montag beginnen. Das hat die Tarifkommission der Gewerkschaft gestern beschlossen. Damit können die Arbeitsniederlegungen Anfang März beginnen, wenn sich 75 Prozent der Mitglieder für einen Streik aussprechen. Verdi geht davon aus, dass dieses Quorum auf jeden Fall erreicht werden kann.

Vor zweieinhalb Wochen waren die Bahnen und Busse der BVG schon einmal für 39 Stunden in ihren Depots und Abstellanlagen geblieben. Zu dieser Aktion an einem Freitag und Sonnabend hatte Verdi bereits nach dem ersten Gespräch aufgerufen. Der zweiten Verhandlungsrunde war ein Streik vornehmlich in den Werkstätten und der Hauptverwaltung gefolgt; Busse und Bahnen waren aber gefahren. Jetzt droht wieder der komplette Stillstand aller Fahrzeuge.

Der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV), der für die BVG die Verhandlungen führt, bedauerte deren Scheitern nach drei Zusammentreffen. Nach wie vor halten beide Seiten an ihren Positionen fest: Verdi fordert zwölf Prozent mehr für alle Beschäftigten, mindestens aber 250 Euro. Geboten haben die Arbeitgeber sechs Prozent, verteilt bis 2010 auf mehrere Stufen, sowie eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro für alle seit 2005 eingestellten neuen Mitarbeiter.

Bei den Altbeschäftigten wollen die Arbeitgeber die Tariferhöhung aber zumindest teilweise mit der bisher gezahlten übertariflichen Zulage verrechnen, was Verdi weiter strikt ablehnt. Altbeschäftigte erhalten nach BVG-Angaben durchschnittlich 660 Euro mehr als ihre neu eingestellten Kollegen. Diese werden nach dem 2005 abgeschlossenen Tarifvertrag für den Nahverkehr erheblich schlechter bezahlt. Den Altbeschäftigten erstattet die BVG dagegen die Differenz zwischen dem neuen Tarifvertrag und dem bisherigen Einkommen. Für diese „Sicherungsbeamten“ muss die BVG in diesem Jahr 104,5 Millionen Euro aufbringen, im vergangenen Jahr waren es sogar 117 Millionen Euro. Ob der Sicherungsbetrag abgeschmolzen werden darf, ist zwischen den Tarifparteien weiter umstritten.  Würde Verdi die zwölf Prozent mehr als Tarifentgelt durchsetzen, führte dies bei den Altbeschäftigten zu einer Erhöhung um durchschnittlich acht Prozent – bezogen auf die höheren Einkommen mit dem Sicherungsbetrag.

Die KAV-Vorsitzende Claudia Pfeiffer sagte, sie bedauere, dass die Gewerkschaft keine Rücksicht auf den engen finanziellen Handlungsspielraum der BVG nehme. Das Unternehmen hat 2007 einen Verlust von 62 Millionen Euro eingefahren, der über zusätzliche Kredite ausgeglichen werden muss. Bis 2020 soll die Verschuldung der BVG auf 1,3 Milliarden Euro steigen. Bei einer Tariferhöhung von zwölf Prozent für alle Beschäftigten steht die BVG 2020 sogar mit 2,5 Milliarden Euro „in der Kreide“. In ihrem Finanzplan sind nur moderate Tariferhöhungen bei den Gehältern vorgesehen.

Verdi-Verhandlungsführer Frank Bäsler argumentiert dagegen, bei der Tarifrunde 2005 hätten auch die Altbeschäftigten finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Ihnen wurde die Arbeitszeit – und entsprechend – das Einkommen gekürzt. Abstriche gab es zudem beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Eine kräftige Erhöhung der Einkommen für alle Beschäftigten sei deshalb angebracht. Der SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler forderte gestern beide Seiten auf, schnell weiter zu verhandeln. Der Streit werde auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen.

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