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Berlin: Arbeitsmarkt: Beim Kranksein sind die Berliner Spitze

In keinem Bundesland sind die Arbeitnehmer so oft und so lange krank wie in Berlin. Lag der Krankenstand im vergangenen Jahr bundesweit bei 3,5 Prozent, betrug er in Berlin 4,85 Prozent.

In keinem Bundesland sind die Arbeitnehmer so oft und so lange krank wie in Berlin. Lag der Krankenstand im vergangenen Jahr bundesweit bei 3,5 Prozent, betrug er in Berlin 4,85 Prozent. Das heißt, an jedem Kalendertag waren in Berlin 4,85 Prozent aller Arbeitnehmer arbeitsunfähig. Während im übrigen Bundesgebiet eine Erkrankung durchschnittlich 11,8 Tage dauerte, erschienen die Berliner erst nach durchschnittlich 14,1 Tagen wieder zur Arbeit. Immerhin jedoch ist der Krankenstand in der Hauptstadt in diesem Jahr nicht noch weiter gestiegen. Das berichtet die Deutsche Angestelltenkrankenkasse in ihrem Gesundheitsreport 2001, in dem sie die Arbeitsunfähigkeitsdaten ihrer rund 115 000 erwerbstätigen Mitarbeiter analysierte.

Besonders häufig leiden die Berliner demnach an Muskel- und Skelettkrankheiten. Danach folgen Erkrankungen der Atemwege und Verletzungen. Psychische Erkrankungen stehen an vierter Stelle der Fehlzeitenursachen. Wie in den Jahren zuvor waren auch im Jahr 2000 die Angestellten in der öffentlichen Verwaltung mit einem Krankenstand von 6,8 Prozent besonders häufig und lange krank. In den Bereichen Datenverarbeitung und Rechtspflege waren die Krankenstände mit 3,3 und 3,2 Prozent relativ gering. Die Mitarbeiter kleiner Firmen werden seltener krank als Angestellte in Großunternehmen.

Die Berliner Beamten seien relativ alt, begründet die Sprecherin der Innenverwaltung, Svenja Schröder-Lomb, den hohen Krankenstand in den Berliner Behörden. 63 Prozent der Mitarbeiter seinen über 40 und 33 Prozent sogar über 50 Jahre alt. Aber auch das Arbeitsklima spiele eine wesentliche Rolle. Und genau dabei wolle man jetzt ansetzen. Seit Anfang 2000 sind in der öffentlichen Verwaltung "Gesundheitsmanager" im Einsatz. In Gesprächen mit Mitarbeitern und Vorgesetzten sollen sie in den einzelnen Dienststellen nach den Ursachen für die Krankschreibungen suchen. Analysiert werden neben Arbeitsklima und individueller Arbeitssituation auch der Führungsstil des Vorgesetzten. In rund 30 der 70 Dienststellen werden schon Gesundheitsmanager eingesetzt, und der Krankenstand sei in diesem Jahr zumindest nicht weiter gewachsen, so Schröder-Lomb.

In der Frage, warum die Berliner generell kränker sind als andere Deutsche, unterscheiden sich die Antworten der Experten. Während man bei der DAK Großstadtstress und die vielen älteren Menschen als Ursache vermutet, erklärt Gustav Schäcke, Arbeitsmediziner an der Freien und der Humboldt-Universität, die vielen Krankschreibungen mit den vielen Ärzten in der Hauptstadt und der intensiven Gesundheitswahrnehmung der Berliner. "In Großstädten haben die Menschen relativ viel Zeit, um sich und ihre Gesundheit zu beobachten. Ist ein Leiden gefunden, findet sich unter den vielen Ärzten garantiert auch einer, der es diagnostiziert." Aber natürlich seien die Berliner im Durchschnitt auch älter und damit kränker als andere Deutsche.

Annekatrin Looss

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