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Arbeitsrecht: NPD-Politiker bei BVG-Sicherheitsdienst schwer zu kündigen

Das Sicherheitsunternehmen GSE-Protect hat einem NPD-Politiker wegen rassistischer Äußerungen gekündigt – und sich damit auf schwieriges juristisches Terrain begeben. Wie Arbeitsrechtler den Fall werten.

Von Sabine Beikler

Der 36-jährige Thomas Vierk, seit 2006 Mitglied in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung, nannte den Schädelbruch, den Neonazis einem 15-jährigen Äthiopier zugefügt hatten, „eine Schramme am Kopf eines negriden Menschen“. Das Pikante: Das hat er nicht in Gegenwart von Kollegen gesagt, sondern auf einer NPD-Webseite kundgetan.

Trotzdem würde GSE-Geschäftsführer Michael Goldschmidt immer wieder „bei Extremisten die Kündigung aussprechen. Es ist ein Unding, wenn ich Rechtsextreme in einer Multikulti-Stadt wie Berlin in sensiblen Bereichen beschäftige“, sagt Goldschmidt. Dafür würde er „im Zweifelsfall auch eine Abfindung bezahlen“. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Unternehmens mit 1100 Mitarbeiter habe einmal gegenüber Kollegen von „Scheißtürken“ gesprochen und daraufhin die Kündigung erhalten. „Es kann nicht sein, dass sich möglicherweise Gruppen bilden, die sich rassistisch äußern. Das stört eindeutig den Betriebsfrieden“, sagt Goldschmidt.

Arbeitsrechtlich ist eine Kündigung aus politischen Gründen eine sehr differenzierte Angelegenheit. Parteipolitische Aktivitäten zählen zu außerdienstlichen Tätigkeiten. „Ein außerdienstliches Verhalten berechtigt nur dann zur Kündigung, wenn es Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat und diese Auswirkungen so schwerwiegend sind, dass das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden kann“, sagt Martin Dreßler, der stellvertretende Sprecher des Landesarbeitsgerichts. Inwieweit außerdienstliche Tätigkeiten auf das Arbeitsverhältnis Einfluss haben, müsse im Einzelfall geklärt werden.

Im Normalfall sei eine politische Meinungsäußerung unabhängig vom Arbeitgeber kein Kündigungsgrund, sagt auch Anja Mengel, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei WilmerHale. Ob der Betriebsfrieden durch politische Betätigung gestört werde, müsse man immer im Einzelfall betrachten – ebenso die Frage, wie viel Beeinträchtigung der Arbeitgeber erdulden müsse.

„Eine parteipolitische Betätigung ist grundsätzlich kein Kündigungsgrund“, sagt Frank Bayreuther, Arbeitsrechtler an der Freien Universität Berlin. Die Betätigung in einer verfassungsfeindlichen Organisation kann „rechtlich dann relevant sein, wenn sie konkret das Arbeitsverhältnis beeinträchtigt“. Eine nicht in irgendeiner Form diskriminierende Kündigung während der Probezeit kann der Arbeitgeber aber ohne Angaben von Gründen aussprechen, sagen die Experten.

Geschützt sind laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Benachteiligungen aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Sabine Beikler

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