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Berlin: Arbeitsvermittler fühlen sich von Clement überfordert

Bis zum 18. März sollen sie prüfen, ob ihre Klienten wirklich arbeitsfähig sind – was Berater in Zeitnot bringt

Die Berliner Arbeitsagenturen geraten unter Zeitdruck, weil die Zentrale in Nürnberg bis zum 18. März von ihren regionalen Behörden wissen will, ob alle Langzeitarbeitslosen auch wirklich zur Verfügung stehen: Die Order von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, die Prüfung bis 18. März abzuschließen, bringe die Mitarbeiter in Zeitnot, sagt Ellen Queisser von der Arbeitsagentur Nord. „Wir können noch nicht abschätzen, ob wir bis zum Stichtag wirklich alle Fälle überprüft haben werden.“ Festgestellt werden soll, ob die Betroffenen wirklich arbeitsfähig sind – oder ob die Empfänger des neuen Arbeitslosengeldes II zu Unrecht als arbeitslos gemeldet sind und die Statistik aufblähen, wie Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) jüngst kritisiert hatte.

Dass die ausdrücklich gewollte Beratung und Vermittlung von Arbeitssuchenden wegen der Überprüfung von Langzeitarbeitslosen zu kurz kommen könnte, mochte Uwe Mählmann, Sprecher der Arbeitsagentur Südwest, gestern nicht bestätigen. Im Gegenteil: „Das gehört ja zur Vermittlung in den Arbeitsmarkt dazu, dass man die Arbeitsfähigkeit feststellt“. Die Überprüfung sei für die Vermittler keine neue Aufgabe, sondern ein laufender Vorgang. Nicht nur Mählmann tritt Bundesminister Clement indirekt entgegen. Laut Olaf Möller, Sprecher der Arbeitsagentur für Berlin und Brandenburg, sind die Berater, die durch die zu Jahresbeginn eingeführte Reform jetzt auch viele ehemalige Sozialhilfeempfänger zu betreuen haben, seit Wochen damit beschäftigt, ihre neuen Kunden kennen zu lernen. „Wir verschaffen uns einen Eindruck von deren Fähigkeiten und schalten auch mal den ärztlichen Dienst ein, um die Einsetzbarkeit zu ermitteln.“ So gesehen sei die Aufforderung, genau hinzuschauen, „keine Zusatzbelastung“ für die Kundenbetreuer.

Hintergrund des Streits um die Arbeitslosenzahl ist die Angst der Bundesregierung vor einer politisch ungewünschten weiterhin steigenden Arbeitslosenzahl, die die Zahl von wirklich Arbeit Suchenden möglicherweise deutlich übersteigt. Dass es eine Diskrepanz zwischen den Empfängern des Arbeitslosengeldes II und den potenziell vermittelbaren Arbeitslosen gibt, ist eine Frage der statistischen Definition: So gibt es alleine in Berlin Zehntausende Menschen, die theoretisch zwar „arbeitsfähig“ sind, dem Arbeitsmarkt aber trotzdem nicht zur Verfügung stehen. Das können Mütter kleiner Kinder sein, Kranke, Geringverdiener, die zum Gehalt auch noch Arbeitslosengeld bekommen, oder Jugendliche über 15 Jahren, die noch zur Schule gehen. Laut Arbeitsagentur sind in Berlin von 310 000 Empfängern des Arbeitslosengeldes II deshalb nur 206 000 in der Arbeitslosenstatistik aufgeführt.

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