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Arbeitszeiten: Berlin gegen Sonntagsdienst in Arztpraxen

Viele Berliner Ärzte und Zahnärzte wollen ihre Praxis auch am Sonnabend und Sonntag öffnen. Der Senat sieht darin einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz.

Berlin - Gegen die zunehmende Zahl von Arztpraxen, die in Berlin auch Sonntags öffnen, hat die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz rechtliche Bedenken geltend gemacht. Auf Protest der Berufsverbände hin will die Behörde jetzt aber Ausnahmeregelungen prüfen. Rund 600 Berliner Ärzte und 280 Zahnärzte bieten bereits Wochenendsprechstunden an, etwa 60 Ärzte und 18 Zahnärzte auch an Sonntagen. Nach Ansicht der Behörde fallen die Arztpraxen nicht unter die Ausnahmeregelungen für Not- und Rettungsdienste, Krankenhäuser und „andere Einrichtungen“ zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen. Sofern Arzthelfer oder angestellte Ärzte beschäftigt werden, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz, sagte die Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, Regina Kneiding. Keine Bedenken gibt es dagegen, wenn ein Mediziner seine Praxis Sonntags alleine ohne Personal öffnet.

„In einer modernen Dienstleistungsgesellschaft müssen Zahnärzte auch am Sonntag ihre Patienten behandeln dürfen“, sagt dagegen der Vorstandschef der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, Dr. Jörg-Peter Husemann. „Viele niedergelassene Ärzte verstehen sich als moderne Dienstleister für ihre Patienten“, vertritt auch die Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Angelika Prehn. Beide appellierten an die Senatsverwaltung, Arztpraxen den Kinder- und Seniorenheimen, Sozialstationen und Frauenhäusern gleichzustellen, die auch sonntags Personal beschäftigen dürfen. Andernfalls müsse sich der Senat für eine Gesetzesänderung einsetzen, sonst würden „nicht unerhebliche Auswirkungen“ für die ambulante medizinische Versorgung der Berliner drohen, erklärte Prehn.

Die Verbände hätten „gewichtige Hinweise“ gegeben, so Regina Kneiding. Sie würden jetzt von der Verwaltung im Hinblick auf mögliche Ausnahmeregelungen geprüft. „Mit Sicherheit“ werde es für die Mediziner aber keine generelle Aufhebung des Arbeitszeitgesetzes geben.

Nicht nur bei den Arztpraxen gibt es Streit um kundenfreundliche Angebote. Am 23. Juni verhandelt das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde der evangelischen und katholischen Kirche gegen die Genehmigung von jährlich zehn verkaufsoffenen Sonntagen in Berlin. Das Abhalten von Gottesdiensten sowie die Erreichbarkeit der Gläubigen werde „unzumutbar erschwert“, argumentieren die Kirchen. Gerade an den vier Adventssonntagen würden betroffene Arbeitnehmer in ihrer Religionsausübung eingeschränkt.

Rainer W. During

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