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Berlin: Armut in Deutschland: Allein erziehende Mütter in Berlin stehen finanziell immer schwächer da

275 000 Menschen in Berlin leben von der Sozialhilfe. Gut 110 000 Haushalte in der Stadt sind überschuldet.

275 000 Menschen in Berlin leben von der Sozialhilfe. Gut 110 000 Haushalte in der Stadt sind überschuldet. Die Arbeitslosenquote liegt bei 18,2 Prozent. In Berlin, der größten Stadt Deutschlands, ist die Kluft zwischen Arm und Reich im letzten Jahrzehnt immer größer geworden. "In einer Großstadt sind die Probleme ohnehin schärfer als in anderen Gebieten", sagt Eva Schulze, Gutachterin beim Armutsbericht der Bundesregierung, der gestern vorgestellt wurde.

Als besonders auffällig bezeichnet Gutachterin Schulze, Leiterin des Berliner Instituts für Sozialforschung, vor allem die Verschiebungen bei den Empfängern von Sozialhilfe. Ursprünglich sollte sie Altersarmut verhindern, jetzt sind zu einem guten Drittel Menschen im erwerbsfähigen Alter betroffen und vor allem auch Kinder. Immer mehr der unter 15-Jährigen in Berlin leben in Haushalten, die von Sozialhilfe abhängig sind. Dramatisch ist dabei aus Schulzes Sicht die Situation von allein erziehenden Müttern und ihren Kindern. Die Zahlen der Sozialverwaltung bestätigen das: Von den allein erziehenden Sozialhilfeempfängern sind 96 Prozent Frauen. Für die Sozialverwaltung sind diese Daten Anlass genug, in einem Modellprojekt allein erziehende Mütter weiter zu qualifizieren und dabei die Betreuung der Kinder zu organisieren.

Der Hauptgrund für Armut in der Stadt liegt nach Auffassung der Sozialverwaltung in der hohen Arbeitslosigkeit. Bekämpfen könne man sie nur, wenn die Wirtschaft ihrer sozialen Verpflichtung zur Schaffung von Arbeitsplätzen nachkomme. "Es kann nicht verschämte Armut auf der einen Seite geben und unverschämten Reichtum auf der anderen", sagte Sozialsenatorin Gabriele Schöttler (SPD).

In der Tat haben im letzten Jahrzehnt immer mehr Menschen ihre Arbeit verloren: Die Arbeitslosenquote stieg von 10,6 Prozent im Jahr 1991 über 15,3 Prozent im Jahr 1996 auf heute 18,2 Prozent. Der Höchststand war Anfang 1998 erreicht, damals betrug die Arbeitslosenquote 18,9 Prozent. In diesem Jahr war die Zahl der Sozialhilfeempfänger auf Rekordniveau: 281 000 Menschen bezogen Unterstützung des Amtes. Das Durchschnittseinkommen in Berlin liegt bei 2900 Mark, zugleich muss mehr als ein Fünftel der Haushalte mit weniger als 1800 Mark auskommen.

Ein besonderes Problem ist nach Auffassung von Gutachterin Schulze auch die verdeckte Armut. Sie schätzt die Dunkelziffer derer, die den Gang zum Sozialamt scheuen, obwohl sie unterhalb der Einkommensgrenze liegen, als hoch ein. Oft sei es Scham, die die Menschen davon abhalte, diese Hilfe anzunehmen. Als Folge des Armutsberichts wurde ein Projekt ins Leben gerufen, das dieses Phänomen ergründen soll.

Ein weiteres Anzeichen für Armut in der Stadt ist die Wohnungslosigkeit: Hier ist die Zahl der Wohnungslosen in den 90er-Jahren auf Grund einer Vereinbarung zwischen Senat und Wohnungsbaugesellschaften allerdings rückläufig. In den letzten Jahren wird ein Kontingent von 1300 Wohnungen für von Obdachlosigkeit bedrohte Haushalte zur Verfügung gestellt. Gleichwohl ist die Dunkelziffer groß. Die Sozialverwaltung schätzt, dass in Berlin zwischen 2000 und 4000 Menschen auf der Straße leben.

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