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Filmproduzent Artur Brauner posiert mit zwei verkleideten Winnetou-Fans.

© dpa

Artur Brauners Geburtstag: Friedenspfeife und Silberbüchse

Artur Brauner ist jetzt 96 Jahre alt und sein „Old Shatterhand“ auch schon 50 – Grund genug zum Feiern. Doch der Mythos der Winnetou-Filme ist ein wenig in die Jahre gekommen. Ein Ortstermin.

„Wildwestlich“ sollte sie sein, die Atmosphäre im Hollywood Media Hotel am Kurfürstendamm. Zum 96. Geburtstag des Filmproduzenten Artur „Atze“ Brauner hatte das Karl-May-Archiv geladen, gleichzeitig wird Brauners Klassiker „Old Shatterhand“ dieses Jahr 50 Jahre alt. Daher die Einladung in den Wilden Westen.

Im Westen liegt das Hotel zweifelsohne, wild ist es zwischen Polstermöbeln, vergilbten Filmplakaten und kindergartenartig modellierten Marterpfählen in der Lobby allerdings weniger. „Tropisch“ traf es wohl eher. Um die 100 Fans und Journalisten hatten sich in den kleinen Kinosaal im ersten Stock gezwängt. Winnetou und Old Shatterhand können es nicht viel wärmer gehabt haben, als sie vor gut 50 Jahren über die flimmernde Prärie ritten. Die lag tatsächlich aber in Crvena Luka in Kroatien, weswegen zu den Gästen, die Michael Petzel vom Göttinger Karl-May-Archiv vorstellte, auch Gordana Zeitz-Ceko gehörte.

Die hartgesottenen Fans im Saal wussten natürlich, um wen es sich handelte, sorgte doch die Szene mit der nackten Dame, die damals als Paloma den Wasserfall heruntersprang, in den Vor-68er-Jahren für einigen Wirbel. Nur war es nicht Daliah Lavi, die ihren Körper entblößte, sondern ein Mädchen aus dem Ort, das damals für Lavi wortwörtlich einsprang und damit Berühmtheit in Insiderkreisen erlangte, ohne dass sie je im Abspann aufgetaucht wäre.

Anekdoten, Fanfotos und Autogrammkarten für Karl-May-Anhänger

Mit dem ehemals nackenden Double wäre der spannendste Gast auch schon erwähnt. Denn ebenso, wie Gordona Zeitz-Ceko daran gehindert wurde, ihre Geschichte zuende zu erzählen, so ist das ganze Wochenende mit Gala-Abend am Sonntag und Sammler-Raritäten-Versteigerungen darauf ausgelegt, die Anekdoten von früher so ausführlich wie möglich in die Länge zu ziehen. Die Geschichte vom Sprung solle sie sich doch bitte bis zum Abend aufheben, riet Petzel, bevor er die nächsten Gäste aufrief. Später bat er einen weiblichen Fan, doch später ihre Anekdote zu erzählen, wie sie als Touristin in die Dreharbeiten geriet.

Solche Anekdoten, ebenso wie Fanfotos und Autogrammkarten, verbinden die Karl-May-Anhänger mit dem Mythos Brauner. Es ist nicht das erste Mal, dass das Karl-May-Archiv zum Treffen und Geburtstagsständchensingen an den Kurfürstendamm und später in das Haus Brauners im Grunewald lädt. Brauner hat mit seinen über 200 Filmen seit jeher auf Masse gesetzt. Das scheint seinen Fans nichts auszumachen, sie beklatschen auch Jean-Marc Birkholz, den Winnetou des Sauerlands. Nicht Pierre Brice, der Original-Winnetou, wird Artur Brauner später eine Friedenspfeife überreichen, sondern eben der Winnetou von Elspe, immerhin mit Silberbüchse angereist. Egal, Hauptsache irgendwie Karl May. Das war auch schon Artur Brauners Motto, als er die Handlung der Winnetou-Filme frei entwickeln musste, weil ihm sein alter Zögling Horst Wendlandt die Rechte an den Buchverfilmungen weggeschnappt hatte.

Ob Artur Brauner noch weitere Nachzahlungen ans Finanzamt leisten muss?

Aus wenig Stoff Kult machen – in diesem Sinne betreiben das Karl-May-Archiv und Brauners Produktionsfirma CCC die Vermarktung des Winnetou-Mythos weiter. Drinnen werben ein Vertreter des Karl-May-Verlags und ein DVD–Produzent für ihre Produkte. Draußen vor dem Kinosaal ist bereits aufgetischt. Zwischen alten Filmplakaten mit Senta Berger und Audrey Hepburn werden Sammlerraritäten verkauft. 35 Euro für eine DVD, 29,90 Euro für das neueste Buch zum Film.

Ob Artur Brauner noch weitere Nachzahlungen ans Finanzamt leisten muss? Nach dem Steuerskandal hatte er er sich nach eigener Aussage mit dem Finanzamt über seine Bilanzen und die Beträge auf einem Schweizer Konto geeinigt. Und überhaupt, es ist doch sein Geburtstag. Und so gibt es doch noch etwas Wilden Westen: Komponist René Giessen stimmt die Mundharmonika an, die „Shatterhand“–Melodie wabert klagend durch den Kinosaal. War doch schön, damals, im Westen.

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