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Berlin: Attacke vor dem Anpfiff

In Rudow überfallen 60 Männer einen Hertha-Bus. Im Verdacht: Union-Fans

Die Meldung der Polizei ist anfangs noch dürftig: Samstag früh, 5.50 Uhr, attackieren plötzlich 60 Männer aus einem dunklen Hinterhalt einen Hertha-Fanbus, der sich nach Dortmund in Bewegung setzen will. Auf dem Parkplatz an der Rudower Spinne kommt es zu Rangeleien, die Angreifer dringen in den Fanbus ein, klauen Bierkästen, schmeißen mit Flaschen. Die 40 Hertha-Fans bleiben unverletzt.Die Polizei ermittelt wegen „besonders schweren Landfriedensbruchs“.

Der Überfall macht in der Szene schnell die Runde. Und irgendwann ist von „einer gezielten Attacke“ die Rede, von seit Jahren verfeindeten Fanclubs und „einer Botschaft“. Denn in drei Wochen spielt Hertha BSC II gegen den 1. FC Union.

Daher sagt einer der Beteiligten, der am frühen Samstagmorgen von den Vermummten überfallen wurde: „Das waren Unioner.“ Man habe genug Leute „von denen“ erkannt, „man kennt sich ja“. Die Polizei wollte dies nicht bestätigen, zumindest nicht offiziell.

Doch es sieht so aus, als handele es sich um eine Fehde zwischen der Unioner Gruppe „Wuhlesyndikat“ und der „Hauptstadtmafia“ von Hertha, die den Bus für 40 Leute gechartert hatte. Polizisten der „Ermittlungsgruppe Hooligan“ waren jedenfalls schnell informiert über die Ereignisse in Rudow. Zu oft kommt es in diesen Wochen zu Randale unter Fans. Erst neulich wurden 38 Personen bei Ausschreitungen in Berlin verletzt, darunter 23 Polizisten.

Doch Ermittler verweisen diesmal auf den 20. Januar 2003: Damals wurden neun Unioner verhaftet, als sie eine Gruppe Fans vom TSV Rudow attackierten. Diese sollen auch Mitglieder der ,Hauptstadtmafia’ von Hertha sein. Polizisten sagen: Die beiden Gruppierungen „liegen seit Jahren im Streit“.

Telefonisch waren Sprecher des straff organisierten „Wuhlesyndikats“ nicht erreichbar, doch beim 1. FC Union war man „in heller Aufregung“, wie Vereinssprecher Lars Töffling auf Anfrage sagte. Man ermittle derzeit intern, wisse aber nicht, ob Unioner verantwortlich waren. Aus Sicherheitsgründen habe man das fünftklassige Spiel Union II gegen Rudow gestern Nachmittag ins große Stadion an der Alten Försterei verlegt – das fasst 18 000 Fans.

Die Attacke war auch für Ermittler der Polizei überraschend, weil es lange keinen Streit mehr zwischen den beiden gab. Die Täter können den Treffpunkt aus dem Internet erfahren haben, die Fahrt wurde offiziell für alle angeboten. „Wir hatten daher auch Frauen dabei“, sagt einer der Reisenden aus dem Hertha-Bus. Deshalb habe sich die Gegenwehr auch in Grenzen gehalten. Ein 25-Jähriger, der den Bus für 620 Euro gemietet hatte, wurde zu Boden geschubst und beraubt. „Wir hatten gerade das Fahrgeld kassiert“, sagt der Fan. Die erbeuteten 170 Euro haben die Täter mitgenommen und auch „drei Kästen Bier“. Die Fahrt nach Dortmund konnten die Fans trotz Beulen im Bus aber letztlich antreten – und wenigstens einen Auswärtssieg bejubeln.

André Görke

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