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Berlin: Aubis: Erst verhaftet, dann freigelassen: Ohrfeige für die Staatsanwälte

Krisenstimmung in der Justiz: Die Entscheidung eines Richters vom Mittwoch Abend, die beiden Aubis-Manager Klaus Wienhold und Christian Neuling kurz nach ihrer Verhaftung noch am selben Tag wieder auf freien Fuß zu setzen, hat am Donnerstag große Unruhe bei der Staatsanwaltschaft und in der Senatsverwaltung für Justiz ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft legte umgehend Beschwerde gegen die Entscheidung ein.

Krisenstimmung in der Justiz: Die Entscheidung eines Richters vom Mittwoch Abend, die beiden Aubis-Manager Klaus Wienhold und Christian Neuling kurz nach ihrer Verhaftung noch am selben Tag wieder auf freien Fuß zu setzen, hat am Donnerstag große Unruhe bei der Staatsanwaltschaft und in der Senatsverwaltung für Justiz ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft legte umgehend Beschwerde gegen die Entscheidung ein. In der Justizverwaltung war von einem Fiasko die Rede.

Den beiden Managern wird eine Schlüsselrolle bei der Bankenkrise zugeschrieben. Die Ermittlungen laufen seit Monaten. Am Mittwochmittag beschloss der zuständige Richter am Landgericht und ehedem Sprecher von Justizsenator Eberhard Diepgen, Karsten Ziegler: Das Material der Staatsanwaltschaft reicht für einen Haftbefehl. Nach Studium der Akten war der Richter zu dem Schluss gekommen, dass ein dringender Tatverdacht bestehe. Wienhold und Neuling wird in diesem Teil der Ermittlungen Betrug vorgeworfen - zulasten der Bankgesellschaft und zulasten von Mietern. Um 13 Uhr wurden beide verhaftet, etwa 13.10 Uhr wurde Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) informiert.

Gegen 17.30 Uhr erscheint dann Klaus Wienhold in Begleitung seines Anwalts Cato Dill vor dem Richter. Bislang waren die Beschuldigten nicht zu den Vorwürfen, beim Geschäft um Heizenergielieferungen in Plattenbauten in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben, vernommen worden. Wienhold jedoch legt dem Richter dar, er und Neuling hätten für die Zahlungen, die an sie beide gegangen sind, jeweils auch Gegenleistungen erbracht. Von Betrug könne keine Rede sein. Wienhold redet eine Stunde. Danach entscheidet der Richter, es bestünde immerhin die Möglichkeit, dass Wienhold Recht hat und kein Vermögensschaden entstanden ist. Da es kein Gerichtsverfahren, sondern nur eine vorläufige Abwägung ist, müssen die Argumente zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden. Richter Ziegler beschließt: kein dringender Tatverdacht.

Kurz darauf meldet das Amtsgericht Tiergarten, die Haftbefehle gegen Wienhold und Neuling werden aufgehoben. Voraussetzung nämlich, wegen Verdunklungsgefahr oder Fluchtgefahr einen Haftbefehl zu erlassen, ist nicht der Tatverdacht, sondern der dringende Tatverdacht. Die Ermittlungen also werden fortgesetzt, doch Wienhold und Neuling können die Untersuchungshaft verlassen. Die Justizsenatorin wird informiert. Über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft muss nun das Landgericht entscheiden. Eine Begründung für die Beschwerde liegt noch nicht vor. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sascha Daue, geht jedoch davon aus, dass weiterhin dringender Tatverdacht besteht. Zum Richter-Beschluss sagte er, "die Staatsanwaltschaft sieht das anders".

Der Rechtsexperte der SPD, Klaus-Uwe Benetter, kritisierte die Entscheidung ebenfalls. "Ich gehe davon aus, dass mit der Freilassung der beiden noch nicht das letzte Wort gesprochen ist", sagte er. Aus der Justizverwaltung ist zu hören, die Panne sei "ein Fiasko" für die Ermittlungen. Diese würden nicht mit ausreichend Biss" geführt. Und der ausgeschiedene Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne), drückte seine "Verwunderung" darüber aus, dass "erst ein Haftbefehl ausgestellt wird und dann wieder zurückgezogen". Er habe Zweifel, ob die Staatsanwaltschaft den Coup richtig vorbereitet habe. Immerhin hatte der Chef der Sonderermittlungsgruppe "Bankgesellschaft", Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Dorsch, an der richterlichen Anhörung von Wienhold nicht teilgenommen. Senatorin Schubert müsse sich deshalb fragen lassen, ob die Verhaftung richtig vorbereitet worden sei.

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