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Berlin: Auch ein Pflichtfach Religion kann die Islamistische Föderation nicht stoppen (Kommentar)

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Spruch des OVG bestätigt, mit dem der Islamischen Föderation der Status einer Religionsgemeinschaft zugesprochen wurde und damit das Recht, in der Berliner Schule Religionsunterricht zu erteilen. Sofort wird von den einen daraufhin die Forderung nach einem Wahlpflichtfach Religion erneuert, die Gegenseite antwortet mit dem Ruf nach einem staatlichen Fach Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde (LER) in der Berliner Schule.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Spruch des OVG bestätigt, mit dem der Islamischen Föderation der Status einer Religionsgemeinschaft zugesprochen wurde und damit das Recht, in der Berliner Schule Religionsunterricht zu erteilen. Sofort wird von den einen daraufhin die Forderung nach einem Wahlpflichtfach Religion erneuert, die Gegenseite antwortet mit dem Ruf nach einem staatlichen Fach Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde (LER) in der Berliner Schule. Was würde mit diesen Vorschlägen gelöst? Eine Gesetzesänderung, die Religionsunterricht zum Wahlpflichtfach macht, ändert an dem Rechtsanspruch der islamischen Föderation auf den Status einer anerkannten Religionsgemeinschaft überhaupt nichts und auch nicht an ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung mit den christlichen Kirchen. Der Religionsunterricht würde ordentliches Lehrfach, aber er müsse in "Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt" werden. Das Grundgesetz (Art. 7.3) hat die Trennung von Staat und Kirche teilweise aufgehoben und den Kirchen eine Mitsprache für den Inhalt des Religionsunterrichts zugestanden. Dies würde auch für die Islamische Föderation gelten. Auch nach der jetzigen Gesetzeslage gelten das Grundgesetz, die Erziehungsziele des Schulgesetzes als Vorgaben für den Unterricht und die Einhaltung kann überprüft werden.

Der Religionsunterricht wird in Berlin von Lehrkräften unterrichtet, die von den jeweiligen Religionsgemeinschaften gestellt werden. Mit dem Anspruch auf Gleichbehandlung kann die Islamische Föderation für sich das gleiche Recht beanspruchen. Dies wird auch bei einer Gesetzesänderung so bleiben, es sei denn, der Senat würde für alle Religionen von staatlichen Lehrkräften unterrichten lassen.

Die Einführung des Faches LER in Berlin würde die Islamische Föderation nicht aus der Schule katapultieren. LER als Pflichtfach für alle hätte den Status eines zusätzlichen Unterrichtsfaches wie Geschichte, Sozialkunde etc. Daneben hätten die Kirchen immer noch das Recht auf Erteilung des Religionsunterrichts und die Föderation auf Erteilung des Islam. In Brandenburg gibt es neben dem Fach LER den Religionsunterricht auf derselben rechtlichen Grundlage wie in Berlin. Die Funktion eines staatlichen Angebotes LER ist es nicht, den religiös gebundenen Unterricht als Bekenntnisfach zu ersetzen. Die religiöse Unterweisung kann nur durch die Religionsgemeinschaften erteilt werden. Ein Fach in staatlicher Regie hat bekenntnisneutral zu sein. Den Rechtsanspruch auf Erteilung von Religionsunterricht tangiert ein solches Angebot nicht.

Die Islamische Föderation wird nur mit dem Nachweis ihrer Verfassungswidrigkeit aus der Schule verbannt werden können. Oder mit dem Nachweis, dass es sich nicht um eine Religionsgemeinschaft handelt. Dieser ist bisher nicht erbracht worden. Politische Vorbehalte gegen die Islamische Föderation reichen nicht aus, ihr ein Grundrecht zu versagen, wenn der Vorbehalt nicht rechtlich verwertbar untermauert wird. Nur so wird man den Gleichheitsanspruch unterschiedlicher - auch islamischer - Religionsgemeinschaften vor dem Gesetz wahren können. Das Grundgesetz gewährleistet im Artikel 4 die Glaubens- und Gewissensfreiheit, dies umfasst die Freiheit zu glauben oder auch nicht zu glauben. Die Berliner Regelung, in der freiwillig von Eltern und Jugendlichen gewählt werden kann, ob und welches Angebot von Kindern und Religionsgemeinschaften, auch nicht-religiöser Weltanschauungsgemeinschaften wahrgenommen wird, sichert die positive und die negative Religionsfreiheit am ehesten. Ganz sicher sollte im allgemeinbildenden Bereich die Information über unterschiedliche Religionen, philosophische Deutungssysteme und kulturelle Wertsysteme angesichts einer Gesellschaft, in der Menschen mit sehr unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenleben, erweitert werden. Ob dies mit einem weiteren Fach geschieht oder ob nicht die Chance ergriffen wird, die Fächerlandschaft zu Lernbereichen zu strukturieren, sollte überlegt werden. Das könnte ein Lernbereich, Ethik, Philosophie, Religionskunde, Sozialkunde leisten. Eine staatliche Schule sollte auch das positive Angebot, authentischer Glaubensvermittlung durch Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften vorsehen. Dies ist ein Recht von Kindern und Eltern, auf eine mündige Wahl und Ausübung der Glaubensfreiheit vorbereitet zu werden und kein Privileg von Kirchen.

Sybille Volkholz war 1989/90 Schulsenatorin im rot-grünen Senat und bis 1999 Abgeordnete der Fraktion Bündnis90/Die Grünen.Das Thema im Internet: www.meinberlin.de/Forum im Kanal "Bildung".

Sybille Volkholz

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