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Berlin: Auch harte Typen brauchen Beistand

Egal, wie gut die Ausbildung, wie erfahren die Lehrer sind – auf manche Situationen kann man Polizisten schlicht nicht vorbereiten. Der Unfall von der Schloßbrücke ging als der tragischste in die Geschichte der Berliner Polizei ein.

Egal, wie gut die Ausbildung, wie erfahren die Lehrer sind – auf manche Situationen kann man Polizisten schlicht nicht vorbereiten. Der Unfall von der Schloßbrücke ging als der tragischste in die Geschichte der Berliner Polizei ein. Es war der 6. März 1993, als die Polizisten Mike W. (30) und Hans F. (26) bei einer Blaulichtfahrt auf dem Rollsplitt ins Schleudern gerieten und in eine Gruppe Fußgänger rasten. Ein vierjähriger Junge und ein sechsjähriges Mädchen, die Geschwisterkinder Karl und Rosa, starben. Mit ihrer Schuld und ihrem Trauma umzugehen, half den jungen Beamten die „Sozialbetreuung“ der Polizei. Rund zehn Leute kümmern sich – in Zusammenarbeit mit Fachärzten, Therapeuten und Traumainstitut – um Kollegen, die das Opfer ihres Berufsrisikos wurden: um Polizisten, die während des Einsatzes verletzt werden. Oder die nach einer Schießerei Nacht für Nacht schweißgebadet aufwachen. Die meisten Fälle, in denen psychologische Hilfe gebraucht wird, gehen allerdings auf das Konto von Verkehrsunfällen.

Als die „Sozialbetreuung“ gegründet wurde, wurde der Stab innerhalb der Berliner Polizei noch als eine Art „Säufernotruf“ belächelt. In der Zunft galt vor 20 Jahren schließlich noch die alte Weisheit: Harte Typen heulen nicht. Heute werden die Sozialbetreuer automatisch gerufen, wenn es richtig hart auf hart ging. Manche Polizisten brauchen nicht zuletzt Zeit, um über ihren Schock hinwegzukommen – wie beispielsweise der SEK-Mann, der bei einem Überfall auf einen Supermarkt 2001 einen Räuber erschoss; nach einigen Monaten fing er wieder beim Spezialeinsatzkommando, wechselte dann aber zu einer anderen Dienststelle. Die Partner des erschossenen Polizisten Uwe Lieschied konnten zum Teil erst nach Monaten wieder zur Arbeit gehen. Andere gaben ganz auf. Mike W., der Fahrer der Schloßbrücken-Tragödie, wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt – doch seine Angst wurde der Vater von vier Kindern nicht mehr los. Er arbeitet heute bei der Wasserschutzpolizei. kf

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