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Berlin: Auch Herr Knigge greift zur Flasche

Unter Menschen mit Sinn für Etikette galt das lange als undenkbar. Allenfalls schwitzenden Arbeitern, sofern sie hinter einem möglichst hohen Bauzaun versteckt waren, hätte man das zugestanden.

Unter Menschen mit Sinn für Etikette galt das lange als undenkbar. Allenfalls schwitzenden Arbeitern, sofern sie hinter einem möglichst hohen Bauzaun versteckt waren, hätte man das zugestanden. Die Empfänge und Feste, auf denen man mit dem Glas in der Hand umherwandert,verlagern sich allerdings immer häufiger auch in semiöffentliche Bereiche. Die stets präsenten Fernsehkameras tun das ihre, um das Trinkwandern salonfähig zu machen.

Darf man Moden folgen?

Der Schluck aus der Wasserflasche gilt inzwischen als gesellschaftsfähig. Die Herabsetzung einer alten Toleranzschwelle basiert aber nicht unbedingt auf gesünderer Lebensweise, sondern auf Trends. Und Trends beeinflussen eben auch lokale Benimm-Kulturen. Der lässige Griff zur Wasserflasche ist ja auch eine Mode, die, wie so viele Moden, aus den USA herübergeschwappt ist. Was im heißen Florida selbstverständlich wirkt, muss im regennassen alten Europa noch nicht zwingend rüberkommen. Besonders die französische Mineralwasserindustrie hat einen Löwenanteil daran, dass der Griff zur Wasserflasche inzwischen trotzdem comme il faut wirkt. Sie hat ihn in ihrer Werbung assoziativ mit den schönen Gesichtern von Models zusammengebracht und dadurch veredelt. An heißen Sommertagen ist gegen den öffentlichen Schluck aus der Wasserflasche nichts einzuwenden, zumal er ja wirklich auch Gesundheitsbewusstsein symbolisiert.

Und das Open-Air-Bierchen? Mit dem öffentliche Genuss von Bier etc. unmittelbar aus der Nuckelflasche gibt man kein gutes Beispiel. Ästheten und solche, die es werden wollen, sollten darauf bitte tunlichst verzichten. Bi

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