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Berlin: Auch verkauften sie Güter und Habe

Das Erzbistum gibt Immobilien auf, legt pro Monat 20 Gemeinden zusammen und trennt sich von Mitarbeitern

Von Claudia Keller

und Martin Gehlen

Den katholischen Gemeinden steht ein hartes Jahr bevor. Am Dienstag hat Kardinal Georg Sterzinsky einen Sanierungsplan mit drastischen Einschnitten vorgestellt. Dadurch soll der Schuldenberg von 148 Millionen Euro abgebaut und die Liquidität des Erzbistums wieder hergestellt werden. Bis 2008 wollen die Katholiken schuldenfrei sein. Strukturelle Veränderungen im Ordinariat sollen sicherstellen, dass die Maßnahmen umgesetzt werden und es nicht wieder zu einer solchen finanziellen Katastrophe kommt. Das Sparkonzept sieht vor, bis nächsten Sommer die Anzahl der jetzt noch 207 Pfarreien auf 106 zu reduzieren. Nur 29 Gemeinden bleiben in ihrer heutigen Form bestehen. Die restlichen werden ab September zusammengelegt, pro Monat zwanzig. Geplant ist, kleinere mit größeren Gemeinden zu fusionieren, wobei die kleineren in die größeren überführt werden. Gottesdienste soll es vorerst an beiden Standorten geben.

Die Gemeinden müssen sich von Mitarbeitern trennen. 400 der 2700 Vollzeitstellen im Bistum werden gestrichen, im Ordinariat 65 von 160, in der Seelsorge 55 von 155 und in den Gemeinden 255 von 680. Eine Durchschnittsgemeinde mit 3600 Mitgliedern und 460 Gottesdienstbesuchern muss mit vier Vollzeitkräften auskommen statt mit sechs. Durch Sozialpläne, Teilzeitangebote und die Senkung des Rentenalters für Priester hofft man, sich im gegenseitigen Einvernehmen trennen zu können. „Ich hoffe, dass wir nicht zur Ultima Ratio, zu betriebsbedingten Kündigungen greifen müssen“, sagte Sterzinsky. Er könne das aber nicht ausschließen. Die verbleibenden Mitarbeiter verzichten die nächsten zwei Jahre auf Tariferhöhungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Junge Priester, die einen beamtenähnlichen Status haben und in Berlin nicht mehr unterkämen, sollten dorthin gehen, wo sie gebraucht werden, sagte der Kardinal. Schon in den vergangenen Jahren seien ein Berliner Pfarrer nach Bamberg und zwei sogar nach Sibirien aufgebrochen.

Um die Schulden zu reduzieren, ist das Bistum dabei, große Teile des Immobilienbesitzes aufzugeben. Bis September soll das bistumseigene Immobilienunternehmen Petruswerk verkauft sein. Kirchen, so Sterzinsky, würden aber nicht zum Verkauf stehen. Man überlege allerdings, einige marode Betonkirchen aus den 60er Jahren abzureißen, weil man sich die Sanierung nicht leisten könne. Andere Kirchen, die nach den Fusionen nicht mehr gebraucht würden, könne man für andere Zwecke nutzen, etwa für Ausstellungen, regte der Kardinal an.

Die anderen Bistümer haben ebenfalls zur Schuldentilgung einen Kredit in Höhe von 50 Millionen Euro zugesagt. Die erste Rate über 12 Millionen Euro werde innerhalb der nächsten Wochen fließen.

Aufatmen in katholischen Schulen und Kitas: Sie sind von den Kürzungen nicht betroffen, ebenso wenig die Katholische Akademie. Anders ergeht es der Domsingschule und dem Priesterseminar St. Petrus: Sie werden aufgegeben. Offen ist noch die Zukunft der Katholischen Fachhochschule und der Lehrerausbildung.

„Es gibt keine Alternative zur Umsetzung dieses Sanierungsplans“, sagte der oberste Laienvertreter, der Diözesanratsvorsitzende Hans-Jürgen van Schewick. „Jeder Versuch, das Paket wieder aufzuschnüren und einzelne Maßnahmen auszuschließen, gefährdet das ganze Projekt.“ Jetzt komme es darauf an, die Maßnahmen schnell umzusetzen, bekräftigten der Kardinal, der Generalvikar und der Finanzchef des Bistums. Die Unternehmensberater von McKinsey, die den Sparplan ausgearbeitet haben, bleiben noch bis Ende August in Berlin, um dabei zu helfen.

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