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Berlin: Auf dem Weihnachtsstern

Die Ausstellung „Art Floristica“ im Postbahnhof zeigt festliche Blumenbinder-Kunst

Eigentlich wollte Benita Janicke Flugzeugmechanikerin werden. „Das hat nicht geklappt, und jetzt lerne ich Floristin.“ Blütenpracht statt Batteriesäure, Margeriten statt Motoröl. Die 19-Jährige aus Treuenbrietzen lernt im Potsdamer Krongut die traditionelle Kunst der Königlichen Hoffloristik. Heute aber ist sie mit anderen Lehrlingen des Bildungsträgers BIAW auf Exkursion im Postbahnhof am Ostbahnhof. Klick – und ihr Foto von der vorweihnachtlichen Blumenausstellung „Art Floristica“ ist im Kasten.

Aufnehmen kann man hier einiges. 32 Floristen aus der Region haben die Leistungsschau im ersten Stock ermöglicht. Vor einiger Zeit ruhten hier die Plastinate aus der Körperwelten-Ausstellung. Jetzt sind Festtafeln, Adventskränze, Weihnachtssträuße aufgebaut. Aufgebaut? Nein. Gebunden, geschmückt, geschaffen. Benita Janickes Lehrlings-Kollegen von der „Innovativen Privatakademie“ beispielsweise haben eine Tischdecke aus Zapfenstücken kreiert. Auf dem Nachbartisch schweben Gewürzsterne auf einer Wolke aus Watte, an einem Adventskranz hängen stilisierte Eiszapfen. Filigrane Naturkunst: Ein Job für Frauen, könnte man meinen. Aber wie bei den Kochkünstlern gehören zur oberen Floristenliga fast nur Männer. „Frauen können sich nicht so oft von der Familie freinehmen, um herumzureisen“, sagt Margrit Duckwitz, eine der in Berlin und Brandenburg noch existierenden 400 Blumen-Unternehmer. „Die Leute achten weniger auf Qualität und holen lieber einen Fertig-Strauß von der Tankstelle“, klagt Winfried Damerius, Präsident des Fachverbandes Deutscher Floristen. Dabei schenke man „mit Blumen doch Gefühle“. Dass die rote Rose für die Liebste möglicherweise aus Kenia stammt, wissen die wenigsten Berliner. „25 Prozent aller in Deutschland verkauften Rosen kommen aus meiner Heimat“, sagt Joseph Kosure, Handelsattaché der Kenianischen Botschaft. Auch Botschafter Ashfaqur Rahman und seine Frau Dilasad aus Bangladesh sowie die Vertreter Ecuadors steckten gestern Grün zusammen. Mania Feilcke vom „Ambassador Club“ will international geschmückte Weihnachtsbäume am 7. Dezember um 15.30 Uhr im Auswärtigen Amt zugunsten Angolas versteigern. Auch Sträuße kann man politisch korrekt einkaufen: Das Gütesiegel „Flowerlabel Programm“ garantiere, dass die Blumen nicht etwa aus Feldern Südamerikas stammen, in denen Frauen pflücken, während über ihnen Düngeflugzeuge kreisen.

Konserviert bis in alle Zeiten sind die tropischen Blumengestecke aus Plastik fürs Haar, die es im Weihnachtsmarkt im Erdgeschoss gibt. Dann dieser Duft von Zimt und Orange, Pflanzölseife und Kerzen. Also doch schon mal ein rotbraunorangefarbenes Gesteck gekauft. Die angehende Floristin Benita Janicke fotografiert derweil Strelitzien. „Neben Helekonien meine Lieblingsblume.“ Die nennt man ja auch Paradiesblume.

Art Floristica, 14.-17. 11., Straße der Pariser Kommune 3-5. 6 Euro, Kinder unter 12 frei.

Annette Kögel

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