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Berlin: Auf den Spuren der Meister ATELIERBESUCH: KÜNSTLER UND IHRE HÄUSER

Neben den großen Museen sind die ehemaligen Wohnhäuser und Ateliers berühmter Künstler bewährte Touristenmagneten. Auch Berlin hat hier einige Attraktionen zu bieten

Über dieses alte Parkett ist der Meister gelaufen, hier am Fenster hat er die Staffelei aufgestellt. Professionelle Spurensucher würden vielleicht sogar Reste von Farbklecksen auf dem abgewetzten Holzboden entdecken. Das Atelier Max Liebermanns ist die Herzkammer seiner Villa am Wannsee. Vom Mauerwerk ist sie nur noch außen begrenzt, die herausgebrochenen Innenwände werden nun durch Stoffbahnen angedeutet. Die abgehängte Decke wurde teilweise entfernt, gibt den Blick frei aufs ursprüngliche Gewölbe.

Mehr als 25000 Besucher kamen in das Künstlerhaus, seit es vor gut einem Jahr von der Max-Liebermann-Gesellschaft übernommen und neu eröffnet wurde. Ein respektabler Erfolg, doch vergleichsweise bescheiden, blickt man nach Giverny, zum nordwestlich von Paris gelegenen Landhaus Claude Monets: ein Touristenziel erster Klasse, leider stark kommerzialisiert, das in nur sieben Monaten pro Jahr eine halbe Million Gäste anlockt. Frida Kahlos Casa Azul in Mexico City ist ähnlich populär, der Film mit Selma Hayek dürfte weitere Besucherströme beschert haben. Malaga kann neben dem neuen Picasso-Museum mit seinem Geburtshaus aufwarten. Paris hat das Musée Rodin, das katalonische Cadaqués ein Wohnhaus Dalís, das nahe Figueras dessen Museum samt surrealistischem Wohnturm und Goldeiern auf dem Dach. Ohne das Geburtshaus Goyas käme wohl niemand in das Dörfchen Fuendetodos. Emil Noldes Haus in Seebüll lockt jährlich zwischen März und November bis zu 80000 Gäste an, und München hat gleich zwei Künstlerhäuser: die Villa Stuck und das Lenbachhaus.

Kunst ist eben nicht nur im Museum ein Touristenmagnet, sondern auch dort, wo sie entstand: in den Häusern und Ateliers der Maler und Bildhauer. Es kommt nur darauf an, sie richtig zu präsentieren. Trotz seiner langen Geschichte als Stadt der Künste hat Berlin hier einigen Nachholbedarf, nutzt die Lebensspuren, die die Meister hinterlassen haben, weniger als möglich. Dabei hat die Stadt doch einiges zu bieten:

Liebermann-Villa: Während die Stadtvilla des Malers (1847-1935) neben dem Brandenburger Tor im Krieg zerstört wurde, hat die 1909 gebaute Sommervilla die Zeiten recht gut überstanden. Direkte Spuren des Malers findet man, 63 Jahre nach dem Zwangsverkauf der Villa durch seine Witwe, nur wenige. Sie sind in den Zeiten als Ferienlager der Reichspost, als Lazarett, Krankenhaus und Domizil eines Tauchclubs weitgehend verschwunden. Der Garten, den Liebermann wieder und wieder gemalt hatte, ist zu großen Teilen wiederhergestellt. In der Loggia auf der Wannsee-Seite wurde sein einziges Wandgemälde freigelegt. Das Liebermann- Haus, Colomierstraße3/Am Großen Wannsee, ist in den Wintermonaten sonnabends und sonntags, 11 bis 17 Uhr, geöffnet.

Georg-Kolbe-Museum: Der Bildhauer (1877-1947) ließ das strenge Ensemble aus Ateliergebäude, Wohnhaus und Kieferngarten mit Skulpturenhof 1929 nach dem Tod seiner Frau bauen. Die parallel gelegenen, kubischen Ziegelbauten sind ein wichtiges Beispiel für die Architektur der zwanziger Jahre. Das Atelierhaus wird seit 1950 als Museum für Kolbe und die Plastik des 20.Jahrhunderts genutzt. Auch das vor wenigen Jahren restaurierte Wohnhaus, Sitz der Stiftung für Bildhauerei, kann besichtigt werden. Der kaum veränderte, doch lange vernachlässigte Garten wurde saniert. Das Kolbe-Museum, Sensburger Allee 25 in Charlottenburg, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Anton-von-Werner-Haus: Der besonders am Hofe Wilhelms II. hoch geschätzte Maler (1843-1915) hatte sich 1873/74 eine als Wohn- und Atelierhaus genutzte Stadtvilla errichten lassen. Es liegt direkt hinter dem Verlagsgebäude des Tagesspiegels an der Potsdamer Straße. Jahrzehntelang galten die üppigen, von dem Hofmaler selbst ausgeführten Wandmalereien als verschwunden. Erst 1988 waren sie wiederentdeckt und teilweise freigelegt worden. Das Gebäude wird heute als Lager-und Wohnhaus genutzt – und erneut als Atelier: Im zweiten Stock, wo schon Anton von Werner sein Atelier hatte, lebt und arbeitet die Künstlerin Freda Heyden, im ersten Stock die Malerin Anita Staud. Zu ihrer Wohnung gehört Anton von Werners Roter Salon, in dem die prächtigsten Wandgemälde wiederaufgetaucht sind: ein Bildnis Raffaels, mit einem illusionistisch gemalten Prunkrahmen, flankiert von zwei Porträtmedaillons mit Dürer und Holbein. Der Salon ist auf dem Gemälde „Taufe in meinem Hause“ abgebildet. Das Anton-von-Werner-Haus, Potsdamer Straße 81a in Tiergarten, ist nicht öffentlich zugänglich. Die Malerin Anita Staud gewährt aber an zwei Terminen Einblick in ihre durch Anton von Werner ausgemalte Wohnung im ersten Stock des Hauses: 2. November, 13 bis 15 Uhr, 9. November, 16 bis 18 Uhr.

Jeanne-Mammen-Atelier: Eine bescheidene Hinterhauswohnung, zwei Zimmer im vierten Stock, Außenklo – am Kurfürstendamm erwartet man dergleichen nicht mehr. 1919 hatte die Malerin Jeanne Mammen (1890-1976) ihre Atelierwohnung bezogen, sie lebte dort bis zu ihrem Tode. Von hier war sie in den zwanziger Jahren zu ihren Streifzügen durchs Berliner Großstadtleben aufgebrochen, dessen erfolgreiche Chronistin sie wurde, und hierhin zog sie sich nach der Machtübernahme durch die Nazis zurück, um sich mit Expressionismus und Kubismus zu beschäftigen. Die Wohnung am Kurfürstendamm 29, die weitgehend unverändert blieb und viele ihrer Arbeiten birgt, ist die authentischste Künstlerklause in Berlin. Betreut von der Jeanne-Mammen-Gesellschaft, ist sie nur nach Vereinbarung (Tel. 8818753, 8011077 und 3242591) zu besichtigen. Eine Mammen-Ausstellung ist bis 9. November in der Alten Feuerwache, Bahnhofstraße 79 in Eichwalde, zu sehen (Do. bis So., 15-18 Uhr).

Hannah-Höch-Haus: Von den Nationalsozialisten angefeindet, zog sich die Malerin und Collagekünstlerin Hannah Höch (1889 - 1978), Mitbegründerin der Dada-Bewegung, in ihr Heiligenseer Gartenhäuschen zurück, in dem sie bis zu ihrem Tod lebte. Der Garten blieb weitgehend erhalten, heute bewohnt der realistische Maler Johannes Bauersachs das Haus. Es werden Führungen durch das Hannah-Höch-Haus, An der Wildbahn 33, angeboten – nach telefonischer Vereinbarung unter 4314824.

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