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Berlin: Auf der Couch mit Mick Jagger

Der Fotograf Gered Mankowitz prägte das Image der Stones. Jetzt erscheint sein Werk als Bildband

Vielleicht war ich einfach zu straight, sagt Gered Mankowitz. Zu nüchtern, zu klar im Kopf, um bei dem wilden Spiel namens Rock’n’Roll auf Dauer im Epizentrum mitzumachen – oder wie ist es sonst zu erklären, dass diese Geschichte, die so unbeschwert anfing, so abrupt endete? „Die anderen gingen immer weiter, ich blieb zurück“, sagt Mankowitz nachdenklich.

Aufrecht sitzt der Musikfotograf mit den grauen Locken, den viele für den Größten seiner Zunft halten, in einem Sessel im Büro seines Verlages in Prenzlauer Berg. An der Wand meterbreite Abzüge jener Bilder, von denen viele zu Plattencovern wurden und die den heute 59-Jährigen in Fachkreisen berühmt machten – und diejenigen auf den Fotos in der ganzen Welt.

Wohl keiner prägte das visuelle Image der Rolling Stones in ihren frühen Jahren so stark wie dieser freundliche Mann, der mit der viereckigen Brille und dem blauen Sweatshirt wie ein Archivar wirkt. Ein Archivar der Rockgeschichte, der am Mittwoch von London nach Berlin geflogen ist, um einen opulenten Bildband vorzustellen, der über 1000 großformatige, zumeist bislang unveröffentlichte Bilder der Stones aus den Jahren 1965-67 sowie ein paar weitere von 1982 enthält. Für Fans mag das Zehn- Kilo-Werk ein gigantisches Weihnachtsgeschenk sein, für Mankowitz erzählt es von den wichtigsten Jahren seines Berufslebens. Und von der Freundschaft zu einer Band, die irgendwann unerfreulich endete. Davor, in den guten Jahren, war er den Stones so nahe wie nur wenige gekommen. Er begleitete sie auf der US-Tournee, die den Durchbruch in Amerika brachte, er verbrachte Tage und Nächte im Studio, als sie Alben wie „Aftermath“ aufnahmen, vor allem aber feierte er mit ihnen, soff und kiffte und genoss die Nächte mit den Groupies. Mankowitz’ Fotos deuten das wilde Leben nur an, konzentrieren sich auf das offizielle Image der Band, das sie hart und rau, aber doch auch kontrolliert erscheinen ließ.

„Mein Job war, am öffentlichen Bild der Stones mitzuarbeiten, und nicht Paparazzi-Fotos zu liefern“, sagt Mankowitz. „Mir war es wichtiger, mit den Jungs am Strand oder im Hotel Spaß zu haben, als davon Fotos zu machen.“ Daher finden sich im Buch neben Texten über Privates vor allem Bilder von Konzerten, offiziellen Fotosessions und Studioaufnahmen.

Aber auch diese Bilder erzählen eine Geschichte. Wirken die Gesichter von Mick Jagger, Keith Richards und Co anfangs noch knabenhaft und weich, verhärten sie sich in den drei Jahren, die Mankowitz bei ihnen war: Spuren des Erfolgs und des exzessiven Lebens. Am Schluss wirken die Musiker immer noch charismatisch, aber auch unnahbar, abweisend und ein wenig arrogant. So erlebte der Fotograf die Stones auch privat. Die Drogen, der öffentliche Druck und persönliche Probleme führten dazu, dass die Band und Mankowitz irgendwann nicht mehr zusammenpassten, und sie ihn vor die Tür setzten. „Irgendwas zerbrach da, es ist mir bis heute ein Rätsel.“ Böse ist Mankowitz den Stones nicht, bis heute ist er befreundet mit Drummer Charlie Watts und Ex-Bassist Bill Wyman. „Das Ende meiner Arbeit für die Band war unerfreulich – aber eben eine typische Rock’n’Roll–Erfahrung.“

Gered Mankowitz: The Rolling Stones – Out Of Their Heads. Zwei Bände à 320 Seiten, 199,90 Euro, Großformat, Schwarzkopf & Schwarzkopf

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