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Auf Deutsch gesagt: Ab und zu ist "zu" falsch

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker.

Auch Berlin hat ja mittlerweile seine erste Windkraftanlage. Der Abgeordnete Daniel Buchholz (SPD) verwies kürzlich in der Parlamentsdebatte über die Energiepolitik darauf: „Ein Privatbetreiber hat in Pankow ein Windrad zu stehen.“ Schön und gut, nur hat dieser Betreiber nirgendwo ein Windrad zu stehen, er hat es schlicht stehen. Das Wörtchen zu hat hier nichts zu suchen. Trotzdem ist es häufig zu hören, besonders in Berlin. „Landschaftlich gefärbt“ nennt man das.

Es ist eben so, dass Verben wie stehen, sitzen, liegen in Verbindung mit haben ohne die Infinitivkonjunktion zu gebraucht werden. Er hatte das Manuskript vor sich liegen und daneben ein Glas Wasser stehen. Der Gast, den er in seinem Büro sitzen hatte, musste lange auf ihn warten. Er hatte also viel zu tun. Ja, dieser Satz wäre ohne zu unvollständig. Zu ist dann unentbehrlich, wenn ein Verb in Verbindung mit haben eine Aufgabe oder eine Notwendigkeit ausdrückt. Er hatte schwer zu tragen (er musste schwer tragen), er hatte viel zu tun, zu erzählen und so fort.

Wiederum werden bestimmte Verben wie lehren, lernen, helfen oder auch heißen im Sinne einer Weisung in Verbindung mit anderen Verben niemals mit zu gebraucht. Sie lernte schwimmen. Sie lehrte das Kind schreiben. Sie hieß den Taxifahrer warten.

Man sieht, es gibt für alles eine Regel, man muss sie sich nur bewusst machen. Doch umgangssprachlich nehmen es die meisten nicht genau. „Sie kennen die Zahlen besser wie wir“, bemerkte der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner, an den Innensenator gewandt. Typisch berlinisch, möchte man sagen, aber überall wird oft wie mit als verwechselt. Dabei ist die Regel einfach: Wie steht für Gleiches, als für Ungleiches. Höher, schneller, weiter als ..., aber ebenso hoch, so schnell, so weit wie ... Sicher kennt der Senator die Kriminalitätsstatistik besser als andere, aber vielleicht kennt sie Wansner genauso gut wie der Senator.

Auch Substantive haben ihre Tücken. Der falsche Artikel kann dem Wort einen anderen Sinn geben. „Ich gebe zu, es war ein historischer Verdienst der rot-grünen Bundesregierung ...“, bekundete Rainer-Michael Lehmann (FDP) in einer Plenardebatte. Nein, es war ein historisches Verdienst. Der Verdienst ist das Arbeitsentgelt, der Lohn, das Gehalt. Ach, man würde es Politikern durchaus als beachtliches Verdienst anrechnen, wenn sie auf gutes Deutsch achteten.

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