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Auf Deutsch gesagt: Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Schlüssel sind zum Schließen da, zum Aufschließen, Zuschließen, Einschließen, Abschließen. Der Schlüssel hat auch im übertragenen Sinne seine Bedeutung. Mancher hat eine Schlüsselposition in der Politik oder Wirtschaft. Es gibt Schlüsselprobleme, Schlüsselerlebnisse, Schlüsselindustrien.

Im Verwaltungsdeutsch ist der Schlüssel ein Schema, nach dem Geld, Personal, Aufgaben verteilt werden. Über den richtigen Verteilerschlüssel, Finanzierungs- oder Personalschlüssel wird oft gestritten. Von Zeit zu Zeit muss so ein Schlüssel nachgefeilt oder erneuert werden. Doch was ist davon zu halten, wenn ein Personalschlüssel „gesenkt“, wenn gar etwas in den Schlüssel „hineingegeben“ wird? Zum Totlachen, wie schief das schöne Sprachbild plötzlich hängt.

Früher, als Kita-Plätze rar waren, gab es „Schlüsselkinder“, die allein zu Hause ein und aus gingen. Das Wort ist verblasst, heute hat die Kita einen Bildungsauftrag. Der Senat ist jetzt auf die Forderung der Initiatoren des Kita-Volksbegehrens eingegangen und hat beschlossen, schrittweise mehr Personal einzustellen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Bildungssenator Jürgen Zöllner (beide SPD) erläuterten dies. Köstlich, wie Wowereit erklärte, unter welchen Umständen man „weniger in den Schlüssel Kind/Erzieher hineingegeben“ hätte.

Wie in der Pressemitteilung zu lesen war, „sollen nach den Senatsplänen der Personalschlüssel in zwei Schritten um ein Kind in allen Altersgruppen gesenkt... und der ,Leitungsschlüssel’ verbessert werden“. Tja, wie wird ein Personalschlüssel gesenkt, obendrein in zwei Schritten um ein Kind, das offenbar sämtliche Altersgruppen in sich vereinigt? Stellen wir uns das alles lieber nicht bildlich vor.

Sätze später heißt es: „Der Personalschlüssel der Kindertagesstätten für alle Altersgruppen soll ab 1. April 2010 und ab dem 2. Januar 2011 jeweils um den Faktor 0,5 gesenkt werden.“ Aha, der Faktor ist ein Kind, zunächst ein halbes, später ein ganzes. Endlich der Schlüsselsatz: „Ab 2011 käme somit im rechnerischen Durchschnitt ein Kind weniger auf eine Erzieher(innen)stelle.“ Doch was heißt: käme? Warum auf einmal der Konjunktiv? Ist ein Senatsbeschluss keine Tatsache?

Andererseits wird der Leitungsschlüssel „angehoben“, obwohl doch auf eine freigestellte Leitungskraft ebenfalls weniger Kinder kommen sollen. Ach, hier wird mit dem Schlüsselbund gerasselt, als wäre er eine Narrenschelle, und das kommt davon, wenn man nicht im Sprachbild bleibt.

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