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Auf Deutsch gesagt: Die schwierige Gleichstellung der Geschlechter

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Unsere Politiker, Verzeihung, Politikerinnen und Politiker, nehmen es mit der Gleichstellung so genau, dass sie sich vor lauter Geschlechtergerechtigkeit den Mund fusselig reden. Sie kennen keine Bürger mehr, sondern nur noch Bürgerinnen und Bürger und so fort, die Jüngsten nicht ausgenommen. „Die letzte Sprachstandsfeststellung hat wiederholt einen großen Sprachförderbedarf bei Berliner Schulanfänger/-innen festgestellt“, las ich in einem Antrag der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Im selben Antrag steht der Satz: „Deshalb ist es sinnvoll, Integrationskurse für Neuzuwanderer/-innen auch in Kitas und Schulen anzusiedeln.“ Nun ja, Zuwanderer sind immer neu, doch das nur nebenbei.

Wenn unseren Gender-Experten die Doppelbenennung zu umständlich ist, ziehen sie die männliche und weibliche Form einfach zusammen. Dabei sind ihnen der Sinn und die Schreibweise offenbar gleichgültig. Man liest BeamtInnen, BesucherInnen, Lehrer/innen, Zuwanderer/-innen, bei Schulanfänger/-innen. Nun gibt es laut Duden-Grammatik inzwischen Regeln für Kurzformen, nicht ganz einfache. Danach ist das große I mitten im Wort verpönt, es widerspricht den Rechtschreibregeln. Es gibt keine LehrerInnen, sondern nur Lehrer/-innen oder – nur im Dativ – Lehrer(inne)n. Viele lehnen die Einklammerung jedoch ab, weil sie den Eindruck erwecke, als sei die feminine Form zweitrangig.

BeamtInnen gibt es schon deshalb nicht, weil damit den männlichen Beamten die Endung weggehackt würde. Überhaupt sind Kurzformen nur möglich, wenn keine Endung entstellt wird: die Arbeitnehmer/-innen, aber die Beamt(inn)en (nicht Beamt/-innen); ohne Artikel sind Beamt(inn)en auch nur im Dativ möglich. Wortpaare wie Ärzte und Ärztinnen vertragen die Kurzform Ärzt(inn)en nur im Dativ. Unmöglich ist hingegen die Dativ-Kurzform bei Schulanfänger/-innen oder von Arbeitnehmer/-innen. Zuwanderer und Zuwanderinnen kann man in gar keine Kurzform pressen.

Manche Doppelformen lassen sich leicht durch geschlechtsneutrale Begriffe ersetzen: Mietparteien statt Mieterinnen und Mieter, Studierende, Lehrende, Lernende. Nun sprechen Debattenredner/-innen oft die Kurzform gleich mit. Wie unhöflich! Man hört ja nur die weibliche Form: Hartz-IV-Empfängerinnen.

Köstlich verheddert hat sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Volker Ratzmann, als er vor dem Parlament sagte: „Wir wollten das Konto für jedermann und jederfrau im Gesetz festschreiben...“ Gäbe es das Pronomen jedefrau, müsste der Akkusativ lauten: für jedermann und jedefrau. Doch die weibliche Form von jedermann existiert eben nicht, noch nicht. Ach, wie gefährlich doch sprachliche Verkürzungen sein können.

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