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Auf Deutsch gesagt: Generation Fremdwort

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Den ehemaligen Bundesminister Walter Riester werden wir gewiss nicht vergessen. Da die Riester-Rente seinen Namen trägt, wurde flugs das Verb riestern erfunden. „Wer riestert“, müsse im Alter auch etwas davon haben, hörte ich dieser Tage im Rundfunk eine Fachfrau für Sozialfragen sagen. Womöglich ist bald von Riesterern die Rede.

Nichts gegen Modewörter, riestern hört sich ja ganz witzig an, ein kurzes Wort für das, was man tun muss, um sich eine zusätzliche Altersrente zu sichern. Doch es gibt auch dröge, obendrein ziemlich unverständliche Modewörter, die umgehen wie eine ansteckende Krankheit.

Nehmen wir den inflationären Gebrauch des Verbs generieren. Neuerdings wird alles Mögliche generiert, egal, ob das Wort passt oder nicht. Politiker haben es von Wissenschaftlern gehört und nun zieht es sie offenbar magisch an. Die Wirtschaftskraft wird generiert, die Armut und die Kriminalität, Talente werden generiert, Umweltschäden und so fort.

Im Abgeordnetenhaus ging es neulich um die Frage, wie der Senat die Förderung eines bestimmten Projekts „generiert“. So wird ein Fremdwort zum unpräzisen Allerweltswort. Generieren kommt von lateinisch generare und bedeutet zeugen, erzeugen, hervorbringen.

In einem Antrag der Grünen las ich: „Preiswerter öffentlicher Raum ist von KünstlerInnen und Kreativen gefragt wie nie. Einerseits ist immer weniger Geld für die Kulturförderung vorhanden, andererseits generiert die Attraktivität Berlins als Kunst- und Kulturhauptstadt ... eine stetig steigende Nachfrage.“

Auch nach dem neuen Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin habe die BVG die Möglichkeit, „Einnahmen aus Werbung zu generieren“, bekräftigte die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Übersetzt heißt das: Die BVG darf auch durch Werbung Einnahmen erzielen.

„Wir wissen nicht, wie sich diese Summe im Einzelnen generiert“, sagte die Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD), als sie der Presse das Ergebnis des Realisierungswettbewerbs für den geplanten Bau der Berliner Strafanstalt in Großbeeren vorstellte, also die Architektur, und nach einem Detail der Kosten gefragt wurde. Unsereiner durfte rätseln, ob die Senatorin überfragt war, wie sich die Summe zusammensetzt oder ob unklar war, wie die Summe zustande kam. Man sieht: Mit Hilfe so eines modischen Fremdworts kann man sich wundervoll indifferent ausdrücken. Bleibt die Preisfrage, wer oder was sich überhaupt selbst erzeugen oder hervorbringen kann, jedenfalls bestimmt keine Geldsumme.

Ach, manches Fremdwort soll etwas hermachen, wirkt aber bloß lächerlich. Das nervt, Verzeihung, es generiert Unbehagen.

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