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Auf Deutsch gesagt: Problemfall Wem-Fall

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Die Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz hat es auch nicht leicht. Ob Umweltzone oder Rauchverbot in allen Restaurants und öffentlichen Gebäuden, die Verbotspolitik zugunsten der Volksgesundheit und des Umweltschutzes gefällt nicht jedem, und den Ärger bekommt Senatorin Katrin Lompscher (Die Linke) ab. Doch „entgegen des Geschreis...“, verteidigte sie sich neulich vor dem Abgeordnetenhaus.

Puh, das hörte sich gar nicht gut an, aber sprachliche Schnitzer, so übel sie klingen, sind eben nicht bei Strafe verboten. Viele unpopuläre Entscheidungen sind richtig, allerdings entgegen dem Protestgeschrei, denn das Substantiv nach der Präposition entgegen steht immer im Dativ, niemals im Genitiv. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) erklärte in derselben Parlamentssitzung, eine bestimmte Firma habe sich entschlossen, ihre Mitarbeiter „entsprechend des Postmindestlohnes zu entlohnen“. Das findet sicher nicht nur der Senator in Ordnung, nur zahlt das Unternehmen entsprechend dem Postmindestlohn, weil entsprechend ebenfalls ausnahmslos mit dem Dativ steht.

Das gilt auch für gemäß und analog, sie schreien nach dem Wem-Fall. Seltsam, dass viele immer wieder ungerührt entsprechend, entgegen, gemäß, analog mit dem falschen Wes-Fall gebrauchen. Da sage noch jemand, der Genitiv werde vernachlässigt. Im Gegenteil: Entgegen solchen Behauptungen meinen sie es zu gut mit dem Genitiv, leider. In einem Antrag der Grünen-Fraktion las ich: „...analog der Gebühren für die Nutzung öffentlichen Straßenlandes...“ Analog bedeutet ja gleichartig, ähnlich, entsprechend. Übrigens darf man analog auch das Wörtchen zu hinzufügen. Analog den Nutzungsgebühren, analog zu den Gebühren – beides ist korrekt.

Nun ist es mit den Präpositionen so eine Sache. Oft scheint der richtige Fall Glückssache zu sein. Vielfach nimmt man es wider besseres Wissen nicht so genau. Auch werden völlig sinnlos unpassende Präpositionen gebraucht. „Für die Entwicklung eines gemeinsamen Bildungsplanes sollen die Erfahrungen aus dem Modellprojekt einfließen“, steht in einem Antrag der CDU-Fraktion. Du liebe Güte, was für ein Satz! Da weiß man gar nicht, was wofür wohin fließen soll. Immerhin geht es hier um die Bildung der Jüngsten, die CDU plädiert für die pädagogische Verzahnung von Kindergarten und Schule. Natürlich sollen die Erfahrungen mit einem Modellprojekt in die Planung einfließen beziehungsweise bei der Entwicklung des gemeinsamen Bildungsplans berücksichtigt werden.

Ach, warum werden nur immer wieder die gleichen sprachlichen Fehler gemacht?

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