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Berlin: Auf Schatzsuche

Ein Ganove will im Tiergarten eine halbe Million Euro verbuddelt haben – nur wo, hat er leider vergessen

Die geraubte halbe Million sollte unter einer mächtigen Buche gut versteckt sein – in der Nähe der Siegessäule im Tiergarten. Also zog ein ungewöhnlicher Suchtrupp frühmorgens in den Park: zwei schwäbische Kripo-Beamte und vorneweg ein in Handschellen gelegter Ganove. Aber die Suche nach dem angeblich verbuddelten Schatz des Stuttgarter Geldtransport-Räubers Roger Hagelganz, dessen dreister Coup Ende Januar Schlagzeilen machte, blieb ergebnislos. Umsonst waren die Ermittler in der vergangenen Woche mit ihrem Häftling in die Hauptstadt gejettet. Immerhin hatte ihnen Hagelganz bei seiner Festnahme versprochen, er werde sie zur Beute führen.

Hat er sie zum Narren gehalten? Oder hat ein gerissener Berliner den Täter beobachtet, die verbuddelten 500 000 Euro entdeckt und zugegriffen, bevor das Trio erschien?

„Alles Spekulation“, sagen die Kripo-Beamten – und halten doch nichts für unmöglich. Es könne auch sein, dass Hagelganz sich, wie einst mancher Seeräuber, nicht mehr an die Lage des Verstecks erinnere. Lohnt es sich also, mit dem Spaten loszuziehen? Graben die Berliner jetzt den Tiergarten um? Immerhin wollen die Firmen, deren Einnahmen im Geldtransporter waren, dem Finder eine Prämie von 50 000 Euro zahlen.

Der 41-jährige Roger Hagelganz brachte für den Diebstahl ideale Voraussetzungen mit: Er war als Beifahrer mit dem Kleintransporter einer Security-Firma im Schwäbischen Wald unterwegs. Die Sammeltour ging dem Ende zu, die Tageseinnahmen etlicher Supermärkte lagen im Stauraum, als Hagelganz seinen Kollegen am Steuer um eine Pinkelpause bat. Er stieg über die Ladefläche nach hinten aus – und kam nicht zurück. Als der Fahrer nachschaute, war auch die in Kisten verpackte Fracht weg.

Mit einem am Tatort geparkten VW-Polo war Hagelganz nach Stuttgart geflüchtet und lebte danach in Saus und Braus – bevorzugt in Bordellen. „Mit dem Taxi ließ er sich von Stadt zu Stadt chauffieren, vermutlich auch nach Berlin“, sagt ein Kripo-Mann. Bargeld habe er sich immer aus einem ominösen Versteck geholt, in dem er die Beute bunkerte. Und das liege im Tiergarten, erzählte er bei der Festnahme am vergangenen Dienstag.

Zuvor waren dem Täter offenbar die Nerven durchgegangen: Er stellte sich in einem Stuttgarter Revier selbst, nachdem die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY . . . ungelöst“ über seinen Coup berichtet hatte und der Fahndungsdruck zunahm. Danach ordnete die Staatsanwaltschaft die Schatzsuche in Berlin an. Hagelganz habe sie „zielsicher“ zum angeblichen Versteck geführt, sagte gestern ein beteiligter Beamter. „Doch wir fanden nur einen Haufen Laub und etwas aufgeschürfte Erde. Das war nicht überzeugend.“

Wollte der Räuber nur guten Willen demonstrieren in der Hoffnung auf ein milderes Urteil? Damit er nach der Haft die Beute aus dem richtigen Versteck holen kann? Wolfgang Lietz von Berlins Schatzsucher-Verein „Cocos e.V.“ hält das für möglich. Und er hat Erfahrung, zumindest mit historischen Kriminalstücken. Denn Cocos fahndet mit Detektoren nicht nur nach Piratenschätzen in der Südsee, sondern auch nach verbuddelten Beutekisten einstiger Ganoven in Berlin. Das klappt aber nur, wenn Münzen dabei sind und nicht nur Scheine wie im aktuellen Fall. Deshalb will Lietz nicht in den Tiergarten ausrücken – wie zuweilen in den Grunewald: Dort suchte sein Verein nach dem legendären Schatz der Gebrüder Sass, Berlins berühmtesten Tresorknackern in den 20er Jahren. Bisher allerdings vergeblich.

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