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Klaus Wowereit (SPD) versuchte am Dienstag jedem Eindruck der Vorteilsnahme entgegenzutreten.

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Update

Auf Tagesspiegel-Nachfrage: Wowereit gibt zweiten Flug in Privatjet zu

Klaus Wowereit hat auf Nachfrage des Tagesspiegels noch einen zweiten Umsonst-Flug im Privatjet des Ex-Bahnchefs Dürr zugegeben. Er habe jedoch den Gegenwert gespendet, verteidigte sich Wowereit am Dienstag.

Klaus Wowereit hat nicht nur 2002, sondern auch im Jahr danach auf Einladung von Ex-Bahnchef Heinz Dürr an einer Veranstaltung des Capital Club in London teilgenommen. Damit bestätigte er eine Recherche des Tagesspiegels. Für die Reisen nutzte er Dürrs Privatjet. Eine dem regulären Flugpreis entsprechende Summe habe er "wie 2002 auch diesmal gespendet", sagte Wowereit am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Dabei soll es sich um den Betrag von 215 Euro an die Aidshilfe handeln.

Die Veranstaltungen fanden jedesmal im Brocket Hall, einem historischen Golf-Club in der Nähe von London statt. Nach Auskunft des Capital Club ist das ein jährliches Treffen, an dem rund 50 internationale Gäste teilnehmen. Es gebe eine feste Tagesordnung und Sinn des Treffens, sei die Vernetzung verschiedener Persönlichkeiten. "Von heute aus betrachtet wäre es besser gewesen, einen Linienflug zu nehmen", sagt Wowereit.

Berlins Regierender Bürgermeister gab sich entrüstet über den Vorwurf der Vorteilsnahme und warnte vor einem Klima, in dem "normale gesellschaftliche Kontakte nicht mehr möglich sind". Wowereit will den umstrittenen Partyveranstalter Manfred Schmidt auch bei Veranstaltungen nach 2003 getroffen haben, jedoch keine Aufträge an diesen vergeben haben. Ein Vergleich zur Wulff-Affäre um den von Schmidt organisierten Nord-Süd-Dialog sei unzutreffend. Es gebe auch die Privatpersonen "Klaus Wowereit und Manfred Schmidt.

Bereits am Montagabend hatte Senatssprecher Richard Meng bestätigt, dass Wowereit im Jahr 2002 – im ersten Jahr nach seinem Amtsantritt – vom exklusiven Berlin Capital Club zu einem Wochenende mit rund 50 international tätigen Geschäftsleuten auf das Anwesen mit Golfplätzen eingeladen worden war und dafür das Angebot von Ex-Bahnchef und Capital-Club-Präsident Heinz Dürr angenommen hatte, in dessen Privatmaschine mitzufliegen. Hinterher habe Wowereit dann den vermuteten Gegenwert eines Linienfluges nach London, 300 Euro, an ein gemeinnütziges Projekt gespendet, bestätigte Meng einen Bericht der „B.Z.“. Dadurch habe der Regierungschef den Eindruck vermeiden wollen, er habe von der Einladung finanziell profitieren wollen.

Sehen Sie hier einen Einblick in die Pflichten des Regierenden:

Für die Opposition fügt sich Wowereits Erklärung zu dem zehn Jahre alten Vorgang in ein Muster, das sich auch an der Beziehung des Regierenden Bürgermeisters zu dem umstrittenen Partyveranstalter Manfred Schmidt zeige. Wowereit hatte am Freitag zugegeben, vor acht Jahren im Rahmen eines Spanien-Urlaubs zwei bis drei Tage gratis in Schmidts Ferienhaus bei Barcelona verbracht zu haben. 2011 organisierte Schmidt dann eine Wahlkampf-Party mit Wowereit. Da gegen Schmidt im Rahmen der Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten ermittelt wird, sieht die Opposition noch Aufklärungsbedarf.

"Es hat ein Geschmäckle, wie hier Dienstliches und Privates vermischt wird"

Diese Forderung bekommt durch die am Montag bekannt gewordene Einladung zum Privatflug nach England zusätzliches Gewicht. „Es hat ein Geschmäckle, wie hier Dienstliches und Privates vermischt wird“, sagte der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer, dem Tagesspiegel. Wenn es gute Gründe für Wowereit gegeben habe, 2002 als Regierender Bürgermeister zu dem Treffen nach England zu fliegen, dann müssten die vorgelegt werden. Lederer forderte Wowereit auf, alle Informationen zu möglicherweise problematischen Verbindungen von privaten und persönlichen Vorgängen transparent zu machen. Ansonsten müsse sich die Landesregierung fragen, ob der nach der Bankenaffäre und dem Ende der Großen Koalition von CDU und SPD 2001 propagierte Mentalitätswechsel wirklich vollzogen wurde.

Dass Wowereit an dem Wochenende in London einerseits als Regierender Bürgermeister teilnahm, aber die Kosten dann durch eine private Spende ausglich, begründet sein Sprecher damit, dass das Treffen eher „Freizeitcharakter“ hatte, gleichzeitig aber Wowereit es als sinnvoll zum Knüpfen neuer Kontakte auch für seine Arbeit ansah.

Deswegen sei der Flug nicht als offizielle Dienstreise deklariert worden, was „auch schwer vermittelbar gewesen wäre“, wie Meng sagt: „Er ist als Regierender Bürgermeister eingeladen gewesen, aber auch als Privatperson – wie soll man das trennen?“ Einerseits habe der gerade neu ins Amt gekommene Wowereit „interessante Leute“ kennenlernen wollen, andererseits „wollte er die Landeskasse nicht belasten“. Daraus Wowereit einen Vorwurf zu machen, findet Meng ungerechtfertigt: „Wenn das korrupt wäre, wären wir alle korrupt.“

Zum Fall des Eventmanagers Manfred Schmidt hat Wowereit nach eigener Ansicht inzwischen alles gesagt. „Nach unserem Gefühl sind alle Fragen beantwortet“, sagte Senatssprecher Meng. Der Tagesspiegel hatte gefragt, ob Wowereit ausschließen könne, dass es über die bekannt gewordenen Verbindungen des Regierungschefs zu dem Partyveranstalter hinaus weitere vergleichbare Einladungen gab. „Das war alles“, heißt es in der Senatskanzlei. „Da ist nichts, was es noch geben könnte.“

Das sieht auch die Koalition aus SPD und CDU so und will das Ansinnen der Opposition mehrheitlich ablehnen, die Beziehung Schmidts zum Land Berlin am Mittwoch im Rechtsausschuss zu behandeln. Dann wollen Grüne und Linke versuchen, den Fall im nächsten Plenum am 22 . März zu thematisieren.

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