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Berlin: Aufs Glatteis geführt

Erst kam der Regen, dann das Eis. Jetzt bleibt es erst einmal mild – aber der Dezember war zu kalt und zu trocken

Die Berliner werden ganz schön aufs Glatteis geführt: Zunächst am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertags, als es nieselte, die Nässe auf dem Frostboden schnell zu einer dünnen Eisschicht gefror und Menschen sowie Autos ins Schliddern kamen. Auch heute früh kann es wieder glatt werden. Kurz vor Jahresende macht der Winter aber weiter Pause, denn in den nächsten Tagen bleibt es mild. Und zu Silvester? Da ist „noch alles drin“, meinen die Meteorologen.

Das so genannte Blitzeis legte sich am Donnerstag gegen 19 Uhr zuerst in den Westbezirken über die Straßen. Es begann zu regnen, und sogleich zog sich eine dünne Eisschicht über die Autoscheiben. Glatt wurde es vor allem auf den Straßen in den Außenbezirken, aber auch in der City glänzten Bürgersteige mit Kopfsteinpflaster und asphaltierte Nebenstraßen. „Die Nässe ist ganz schnell zu Eis geworden, schließlich ist der Boden bis in etwa vierzig Zentimeter Tiefe gefroren“, sagt Thomas Globig, Meteorologe vom Dienst bei dem privaten Prognoseinstitut „Meteomedia“. Besonders kritisch wurde es noch einmal in den frühen Morgenstunden des Freitags, als die Temperaturen in den Keller rutschten. Da traten Autofahrer dann ganz sensibel auf die Bremse, einige Berliner stiegen sicherheitshalber auf die öffentlichen Verkehrsmittel um. Die Polizei zählte insgesamt knapp 100 Glatteis-Unfälle, zum Glück verliefen sie größtenteils glimpflich. Wie jener Vorfall gestern um 15 Uhr: Eine junge Frau war auf dem tauenden Eis des Müggelsees eingebrochen, zwei Spaziergänger konnten sie mit Leiter und Seil retten.

In den kommenden Tagen bleibt es weiter verhältnismäßig mild, sagt Globig. In manchem Garten, in manchem Hinterhof zwitschern sogar die Vögel, als stehe der Frühling vor der Tür. Kein Wunder: Das Thermometer zeigt mehr, als die Statistiker für diese Jahreszeit erwarten. Am Freitag beispielsweise wurde die Luft vier Grad warm - normal wären zwei. Auch für heute sind wieder vier, fünf Grad avisiert, und dann geht es weiter bergauf: Sonntag sechs, Montag sieben Grad. Der Himmel hält sich dabei zumeist bedeckt. Das gezügelte Klima haben wir derzeit dem Tief „Ophelia“ zu verdanken, das uns noch von Winterkälte verschont.

Ob man am Silvestertag außer dem Feuerwerk eher Schal und Handschuhe oder besser einen Regenschirm mit auf die Straße nehmen sollte, kann Thomas Globig noch nicht genau sagen. „Da ist weiter alles offen.“ Die bittere Kälte lauere schon über Skandinavien und Russland: Moskau hatte gestern minus 17 Grad. Und der Winter habe ja gerade erst angefangen.

So milde sich das Wetter dieser Tage zeigt, so krachend kalt war es doch zu Beginn des Monats. Der Dezember 2002 wird den Wetterkundlern als deutlich zu kalt in Erinnerung bleiben. Gleich 15 Eistage bescherte der Monat den Berlinern - gemeint sind damit Tage mit Temperaturen unter Null. Üblich sind nach Auskunft von Thomas Globig nur sechs solcher Eistage im letzten Monat des Jahres. Der Dezember war also zu kalt – und zu trocken. „Bislang haben wir noch nicht mal zehn Prozent der Gesamtniederschlagsmenge in diesem Monat gemessen“, sagt der Meteorologe vom Dienst.

Also wenig Wolken am Himmel, aus denen es regnen oder schneien könnte. Wenn diese schützende Hülle fehlt, kann die Wärme schnell nach oben abziehen, so wundert es nicht, dass es zuletzt klirrend kalt war in der Stadt. Gleichzeitig hatte aber die Sonne die Chance, ihr Bestes zu geben. „Beim Sonnenschein hatten wir im Dezember 70 Prozent Überschuss“, sagt Globig. Bei vielen Berlinern wird die gefühlte Sonnenscheindauer aber viel geringer ausfallen, schließlich steht der Planet tief am Himmel.

Wir Berliner liegen unterdessen, was das weltweite Wetter angeht, im guten Mittelfeld. Am heißesten ist es derzeit in der Nähe von Alice Springs, dort schwitzen die Australier bei plus 40 Grad im Schatten. Das Kältezentrum befindet sich Globig zufolge derzeit über Sibirien: In dem Ort Tompo schlottert man bei minus 50 Grad.

Annette kögel

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