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Der Auktionator. Im November noch im Baustellenmorast, bald unterm Hammer von Hans Peter Plettner: die Hölzer aus dem Stadtschloss-Fundament. Sie werden im April versteigert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Auktion im Hotel: Stadtschloss-Pfähle kommen unter den Hammer

Das Holz aus dem Hohenzollern-Fundament ist nahe dem Ku'damm zu besichtigen und bald auch zu ersteigern – als Stele oder als Möbelstück. Und wie viel soll das alles kosten? Auktionator Hans Peter Plettner kennt auch nur die Mindestgebote, ist aber von der großen Resonanz überrascht.

Im Muir Woods National Park, von San Francisco aus über die Golden Gate Bridge und dann links, haben die Park Ranger unter dem grünen Kathedralendach der Redwood-Riesen die Jahresringe einer Baumscheibe touristenfreundlich mit historischen Daten markiert. „909 – angenommenes Geburtsjahr des Baumes“ steht dort, „1325 – die Azteken bauen Tenochtitlan“ oder „1492 – Kolumbus entdeckt Amerika“. Da vermag ein Baumstamm, der aus dem Baugrund des alten Berliner Stadtschlosses gezogen wurde, leider nicht mitzuhalten, aber eine kleine Ahnung von der Erhabenheit, die solch ein tausendjähriger hölzerner Methusalem ausstrahlt, kann man sich doch auch hier verschaffen.

Man besuche nur die Lobby des Abba Berlin Hotels in der Lietzenburger Straße, derzeit Präsentationsraum für mehrere Jahrhunderte Stadtgeschichte. Drei bis vier, um genau zu sein: „Eiche ca. 400 Jahre“ oder „Kiefer ca. 300 Jahre“ steht dort neben den sieben skulpturengleich aufgestellten Pfählen, die einst mit einigen 1000 anderen das Fundament des alten Hohenzollernpalastes bildeten. Das ist nur die halbe Wahrheit, denn die Angaben besagen ja nur, vor wie vielen Jahren die Bäume gefällt und verbuddelt wurden, nicht aber, wie alt sie damals waren. Für zwei Kiefernpfähle wollte man es genau wissen: Der eine entstammt einem 1705 gefällten Baum, mit dem innersten Jahresring von 1576, der andere wurde auf 1703 und 1582 datiert. Die Sprosse der beiden Kiefern trieben ihre Wurzeln also zur Regierungszeit von Kurfürst Johann Georg in den Brandenburger Boden, wenige Jahre nach der Hinrichtung des Münzjuden Lippold. Gefällt und verbaut aber wurden sie unter Friedrich I.

Die Hotelgäste haben sich an die kleine Baumschau offenbar rasch gewöhnt: rissige, verwitterte Pfähle, an einer Seite zugespitzt, zwei bis vier Meter hoch, teils im Rohzustand, teils halbiert, poliert, lackiert, um mögliche Nutzungen zu demonstrieren, ergänzt durch einen aus dem Antikholz gefertigten massiven Tisch, eine Bank und kleinere Objekte. Auf dem Weg durch die Lobby eilen die Gäste daran vorbei, eher beiläufig interessiert, doch halbwegs informiert. Ja, das stamme vom Berliner Schloss, man habe davon gehört, versichert ein Ehepaar aus Bad Bevensen in Niedersachsen. Dafür ist die Resonanz im Internet um so größer, wie sich Hans Peter Plettner von der Berliner Auktionsberatungsgesellschaft (ABG) freut, unter dessen Regie der Schatz aus dem Berliner Untergrund – 1900 Eichen- und Kiefernpfähle unterschiedlicher Länge, Bohlen und Bruchholz – vom 21. bis 23. April im Abba Berlin Hotel versteigert wird. 500 bis 600 Downloads seiner Informationen zur Aktion habe es bereits gegeben, und jeden Tag erhalte er deswegen vier, fünf Anrufe. Anfangs hatte er keine Vorstellung, auf welches Interesse das Angebot stoßen könnte, kann auch jetzt noch nicht recht abschätzen, welche Preise das Antikholz erzielen wird, das in Partien, aber auch einzeln abgegeben wird, bei Mindestgeboten, die von 298 Euro für einen vier Meter langen Kiefernpfahl bis zu 714 Euro für eine über vier Meter lange Eichenbohle reichen. Ein Bündel Bruchholz gibt es ab 179 Euro Mindestgebot.

Er sei kein Holzspezialist, daher anfangs auf Gutachten und Informationen von Holzhändlern angewiesen gewesen, gibt Plettner zu. Aber deren Votum sei eindeutig: Vergleichbare Mooreiche sei in Deutschland nicht zu bekommen, da müsste man schon nach Sibirien fahren.

An sich kommt Plettner aus dem Immobiliensegment seiner Branche, hat 1984 die „Berliner Grundstücksauktionen“ gegründet, die später zu „Deutsche Grundstücksauktionen“ umgewandelt wurden und heute sechs Töchterfirmen haben. 2010 übergab er den Vorstandsvorsitz an seinen Sohn und leitet selbst weiterhin Auktionen, zugelassen für Allgemeine Versteigerungen, unter die solch eine Kuriosität wie die Fundamentpfähle des Berliner Schlosses fällt. Von deren Bergung, Voraussetzung für den Schlossneubau, hatte er vor einigen Monaten durch einen Bericht im Tagesspiegel erfahren und war daraufhin an den Spandauer RWG 1 Baustoffrecycling GmbH herangetreten, die das Altholz geborgen hatte und der es dadurch zugefallen war. Gutachten wurden in Auftrag gegeben, eine Tischlerei erprobte Möglichkeiten der Weiterverarbeitung wie den Tisch und die Bank – und nun kommen die Bohlen und Pfähle an drei Tagen unter den Hammer.

Einige Stämme werden wohl als Skulptur im Haus aufgestellt, andere zu einer rustikalen Bank mit ergänzendem Glastisch umgearbeitet, wie es in der kleinen Ausstellung zu sehen ist. Und ein Innenarchitekt, der viel um den Starnberger See herum zu tun hat, will das Holz als Verkleidungsmaterial nutzen. Vom Fundament des preußischen Residenzschlosses an die Wand einer bayerischen Villa? Kuriose Vorstellung.

Auktion vom 21. bis 23. April, jeweils ab 11 Uhr, im Abba Berlin Hotel, Lietzenburger Straße 89. Weitere Infos unter www.auktionsberatungsgesellschaft.de

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