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Das Original. Jens Lorenz und seine Friedenauer „Friedensuhr“.

© Mike Wolff

Aus dem Geschäftsleben: Es tickt wieder in Friedenau

Juwelier Jens Lorenz eröffnet in der Friedenauer Rheinstraße seine neugestalteten Geschäftsräume.

Der erste namentlich bekannte Uhrmacher der Menschheit war ein gewisser Amenenhet, altägyptischer Fürst und Siegelbewehrer des damaligen Pharaos, so um 1500 v. Chr. Bei ihm verging die Zeit Tropfen für Tropfen. Das ebenso simple wie präzise Prinzip: Ein Gefäß mit einer Öffnung am Boden, wassergefüllt und mit Zeitmarkierungen für den sinkenden Wasserspiegel versehen.
Der tönerne Chronograph, sogar in der Grabinschrift des Tüftlers erwähnt, ist die älteste erhaltene Uhr der Welt – und damit das – zugegeben, nur als Abguss vorhandene – ehrwürdigste Ausstellungsstück im Uhrenmuseum des Juweliers Jens Lorenz in der Friedenauer Rheinstraße 59. Das älteste Original dagegen ist eine Spindeluhr aus dem 16. Jahrhundert, die einst in einem Kirchturm den Gläubigen zeigte, was die Stunde geschlagen hatte.
Am Montagnachmittag waren die Uhr des Pharao und die ganzen anderen historischen, rund 100 im Untergeschoss ausgestellten Schaustücke wie auch die zahllosen aktuellen Zeitmesser und Schmuckstücke in den Vitrinen der Verkaufsräume Rahmen für eine Firmenfeier: Das seit 1874 in Friedenau ansässige Familienunternehmen präsentierte seine in acht Monaten bei laufendem Verkauf neugestalteten Geschäftsräume. Ein Projekt, das Fingerspitzengefühl erforderte, will und muss ein so lange bestehendes Haus sich doch ebenso zur Tradition bekennen wie auch Modernität beweisen, was erfreulich gelungen ist: Für die Geschichte des Hauses steht etwa ein altes Stuckrelief aus dem späten 19. Jahrhundert, das einst den Eingangsbereich zierte, unter einer Zwischendecke, im Krieg halbzerstört, lange verborgen war und nun restauriert wurde. Auch die zu Erlebnis- und Markeninseln angeordnete Einrichtung zeigt klassische Formen, wirkt durch die helle glänzende Oberfläche aber keineswegs historisch.
Aber erster Blickfang ist doch die Friedensuhr, mehr Kunstobjekt als Zeitmesser, mit dem Uhrwerk der Kirchturm eines alten Benediktinerklosters, von Lorenz ersonnen und am 9. November 1989 vorgestellt – eine denkwürdige Veranstaltung: Mittendrin ging die Mauer auf.

Und dabei hieß das Motto des drei Meter hohen, zweieinhalb Tonnen schweren Chronografen sogar: „Zeit sprengt alle Mauern“. Ein zufälliges Zusammentreffen, das einen Gast zum spontanen Ausruf veranlasste: „Das ist ja eine Friedensuhr.“

Das war die Geburtsstunde einer schönen Tradition. Die „Friedensuhr“, eine kleine, von Lorenz geschaffene und gestiftete Nachbildung des Originals, wird seit Langem als Preis an Personen und Institutionen verliehen, die sich in besonderer Weise um den Frieden verdient gemacht haben. Vergeben wird er seit 2003 durch das Berliner Komitee für Unesco-Arbeit, zuletzt an die DDR-Bürgerrechtlerin Ulrike Poppe und an die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Dort in der Genslerstraße wurde die originale Uhr am Montagvormittag, am 26. Jahrestag des Mauerfalls, aufgestellt.

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