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Berlin: Aus dem Takt

BVG und S-Bahn prüfen Einsparungen, weil die Tariferhöhung weniger üppig ausfällt als erwartet

Von Preiserhöhungen bleiben die Berliner Fahrgäste bei der nächsten „Anpassung“ der Tarife weitgehend verschont, doch die Quittung kann schnell folgen. BVG, S-Bahn und Bahn konnten ihre Preisvorstellungen für die Änderung der Tarife im nächsten April nicht wie vorgesehen durchsetzen. Sie werden deshalb weniger Geld einnehmen, als sie geplant haben und überlegen jetzt, ob sie woanders sparen können – nämlich beim Angebot. Busse und Bahnen fahren dann seltener oder auch gar nicht mehr.

Die ersten „Streichlisten“ kursieren bereits bei der BVG. Sie gipfeln in der Idee, die U-Bahn-Linie U 4 zwischen Innsbrucker Platz und Nollendorfplatz einzustellen. BVG-Vorstand Thomas Necker weist dies zurück. Diese Verbindung würde man zwar heute nicht mehr bauen, eine Stilllegung komme aber trotzdem nicht infrage, weil die Anlagen in den vergangenen Jahren aufwändig saniert worden seien. Und erst wenn diese Kosten abgeschrieben seien, könne man darüber nachdenken, hier den U-Bahn-Verkehr einzustellen – in 50 oder auch in 100 Jahren.

Die Verbindung war von der damaligen selbstständigen Stadt Schöneberg vor allem aus Prestigegründen gebaut und 1910 eröffnet worden; zunächst sogar ohne direkten Anschluss ans übrige Netz der U-Bahn. Heute fahren auf dieser Linie so wenig Fahrgäste, dass ein Zug mit zwei Wagen reicht.

BVG und S-Bahn feilen aber bereits an Kürzungen, die der Fahrgast auf den ersten Blick gar nicht so schnell merkt. Züge und Busse könnten etwa statt alle fünf Minuten nur noch alle sechs oder sechseinhalb Minuten fahren. Das würde den Fahrgästen kaum auffallen, sind die Planer überzeugt. Und schon bei solchen geringen Veränderungen lasse sich meist schon der Einsatz eines Fahrzeuges – und Fahrers – sparen, was die Kosten senkt. Erwogen wird auch, Linien nicht so oft wie heute zu den Endhaltestellen fahren zu lassen. Jeder zweite Bus oder jede zweite Bahn könnten auch schon unterwegs die Fahrt beenden – etwa auf der U 3 Richtung Krumme Lanke. Auf der U 2, die zurzeit wegen Bauarbeiten unterbrochen ist, lässt die BVG im Regelbetrieb die Züge abwechselnd schon am Theodor-Heuss-Platz statt in Ruhleben enden. Ähnliche Verfahren gab oder gibt es bereits auch auf anderen Linien.

Bereits kräftig gespart haben die BVG und die S-Bahn bei der Zuglänge. Hier spüren die Fahrgäste aber die Folgen, denn die kurzen Züge sind häufig überfüllt. Der Sparkurs könnte auch zur Einstellung von Straßenbahnstrecken führen. Bei schwach nachgefragten Verbindungen müsse man sich vor kostenträchtigen Investitionen fragen, ob der Aufwand gerechtfertigt sei, so Necker. Würde die BVG Straßenbahnstrecken aufgeben, sollte der Betrieb ausgeschrieben werden, fordert Jens Wiesecke vom Fahrgastverband IGEB. Ein kostengünstiger Betreiber ließe sich sicher finden, so Wiesecke.

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