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Berlin: Aus Liebe getötet? Rentner erstickte seine Frau mit Kissen

Angeklagter weint vor Gericht: „Sie sollte nicht mehr leiden“

Die Zeugin weinte, der Angeklagte auch. „Günterchen, was ist passiert, das wolltest du doch nicht“, sagte Erika T. und ging auf den Mann auf der Anklagebank zu. Sie war seine Nachbarin. Die 65-Jährige kann nicht glauben, dass Günter K., der sich jahrelang liebevoll um seine kranke Ehefrau gekümmert hat, ein Mörder sein soll. Der Angeklagte schluchzte. Wie bei seiner Aussage. „Ich habe nicht aus Heimtücke, sondern aus Liebe, Mitleid und Verzweiflung gehandelt“, hatte er den Richtern erklärt. „Sie sollte nicht mehr leiden.“

Der 63-jährige Rentner aus Prenzlauer Berg muss sich seit gestern wegen Mordes vor dem Berliner Landgericht verantworten. Am 21. Dezember letzten Jahres soll er seine 59-jährige Ehefrau Marlies K. getötet haben. Laut Anklage ging er am frühen Morgen in das Schlafzimmer der Wohnung in der Schliemannstraße und drückte der Schlafenden ein Kissen aufs Gesicht. 15 Minuten lang. An die Tat selber könne er sich nicht erinnern, sagte der Angeklagte mit eingefallenen Wangen. „Mir ist aber bewusst, dass ich für ihren Tod verantwortlich bin.“ Er habe sich nach der Tat selbst das Leben nehmen wollen. „Ich war aber unfähig, den Weg erfolgreich zu Ende zu bringen.“

Marlies K. verbrachte die meiste Zeit apathisch im Bett. Seit Jahren habe sie unter Herz-, Brust- oder Nierenschmerzen gelitten, sagte der Angeklagte. Sie habe sich nicht getraut, damit zu einem Arzt zu gehen. „Sie hatte panische Angst, dass sie Krebs hatte.“ Seine Frau habe auch zum Alkohol gegriffen. „Um die Schmerzen wegzutrinken.“ Als dann auch noch ihr Hund starb, sei sie depressiv geworden. Günter K. schaffte für sie einen Labrador-Mischling als Ersatz an. Doch der Hund war krank und sollte zurück ins Tierheim. Diesen Verlust habe er seiner Frau ersparen wollen, meinte der Mann: „Ich wusste nicht weiter.“

Nach Darstellung seiner Nachbarin war Günter K. in den Wochen vor der Tat „komisch“, nicht mehr so hilfsbereit wie früher. „Dabei kam das, was er für sie getan hat, immer von Herzen“, meinte die fassungslose Nachbarin. So schilderte es auch der Sohn des Angeklagten aus erster Ehe. Er habe die zweite Frau seines Vaters fast immer krank im Bett liegend angetroffen, sagte der 41-Jährige. Abgemagert und hustend. Der Sohn besucht seinen Vater in der Untersuchungshaft regelmäßig. Mit dem, was passiert ist, komme Günter K. nicht klar. „Er kriegt die Frau nicht aus dem Kopf, er hört sie, er sieht sie.“ Trotz der Medikamente, die der depressive Mann nun bekommt.

Kerstin Gehrke

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