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Berlin: Aus Liebe zum Partyotismus

So war die Loveparade: Mehr internationale Gäste, weniger Techno, kein Dr. Motte. Und abends ging die Fete in den Clubs weiter

Das muss wohl der neue, unverkrampfte Patriotismus sein. Ganze vier Minuten ist die Loveparade alt, das erste Lied läuft noch, schon schallen „Deutschland, Deutschland“-Sprechchöre über die Straße des 17. Juni. Gerufen von der Menge, die sich um Wagen Nummer 3 geschart hat. Dazu werden rot-weiße Fahnen geschwenkt. Merkwürdig. Erst aus der Nähe versteht man: Die schreien gar nicht für Deutschland. Die schreien „Polska, Polska“.

Hunderttausende Menschen sind zur ersten Loveparade seit drei Jahren in den Tiergarten gekommen. Viele von ihnen sind aus Osteuropa, manche auch aus Italien, Frankreich, England. Kamil Blazuk reiste heute Morgen aus dem polnischen Osiek an – „weil die Auferstehung der Parade ein historischer Moment ist“. Und was die Polska-Rufe betrifft: „Wir zeigen bloß, dass Polen gut feiern können. Dazu hatten wir bei der WM leider keine Gelegenheit.“ International geht es auch auf Wagen 14 zu. Neben drei chinesischen DJs fährt der Brite Louis Osbourne mit. Der Sohn von Gruselrocker Ozzy. Der DJ lehnt gemütlich oben an der Wagenbrüstung, wippt sein Bier im Takt und ist beeindruckt von den Menschenmassen: „Für mich sieht das nach sehr, sehr vielen aus.“ Gerne hätte er seinen berühmten Vater mitgebracht. „Aber der sagt immer: Das Beste an Techno-Musik ist, dass sie irgendwann aufhört.“

Am frühen Abend wird es besinnlich. Nach einem kurzem Aufruf zur Ordnung („Wagen 10, bitte Musik aus!“) beginnt die Abschlusskundgebung an der Siegessäule. Rea Garvey, Frontmann der Popband Reamonn, singt sein Lied „Be Angeled“ – in Gedenken an den verstorbenen Berliner DJ Mark Spoon. Ansonsten gibt es heute nur einen knappen Willkommensgruß: an alle „music lovers of the world“. Dann wird weitergetanzt, zur Musik von Techno-Veteranen wie Westbam. Auf die traditionelle „Friedensbotschaft“ von Dr. Motte müssen die Teilnehmer dieses Jahr verzichten. Der Paradenerfinder hat Krach mit den Veranstaltern und verbringt das Wochenende demonstrativ außerhalb von Berlin.

Dort, wo Westbam heute spielt, will ein anderer noch hin: „Sasha the Raveboy“ ist erst 13 und mit Abstand der jüngste DJ der Parade. Auf einer der neu eingerichteten Bühnen für Nachwuchs-Künstler darf er heute auflegen. Sasha sieht aus wie ein Profi-DJ, nur eine Nummer kleiner. Die kurzen Haare hat er modern nach oben gegelt. Bart Simpson mit Riesenkopfhörer. Als er hinterm Plattenteller die Arme durch die Luft kreisen lässt, machen alle mit.

Sein Vater ist auch da. Der glaubt, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis Sasha zu den ganz Großen gehört. „Das ist so ähnlich wie bei Schumi: Der hat Sprit im Blut – und mein Sohn hat eben Musik im Blut.“

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