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Berlin: Aus Lotto wird Sucht

Charité untersucht Abhängigkeit vom Tippen. Spielveranstalter nehmen die Studie ernst

Lottospielen kann süchtig machen. Solche Warnhinweise könnten bald in Annahmestellen aushängen oder auf Tippscheinen stehen. Hintergrund ist eine aktuelle Studie der Charité, die erstmals in Deutschland das Lotto-Suchtpotenzial untersucht hat. Dazu wurden Anfang 2004 auf Berlins Straßen 171 Lottospieler befragt. Das Ergebnis: 26 von ihnen zeigten deutliche Symptome einer Abhängigkeit, sagt Studienleiterin Sabine Grüsser-Sinopoli vom Institut für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums. So versuchen Abhängige ihre Verluste durch einen erhöhten Einsatz beim nächsten Tipp wieder auszugleichen und vernachlässigten dafür berufliche und soziale Aktivitäten. Und sie leiden unter Entzugserscheinungen, wenn sie nicht spielen können. „Diese reichen von Unwohlsein bis hin zu Panikgefühlen und Halluzinationen.“

Die Sucht am Automaten in der Spielhalle sei mit der Abhängigkeit vom Lottotipp durchaus vergleichbar, sagt Grüsser-Sinopoli. Während die einen vor allem vom Klappern ausgezahlter Geldgewinne in Erregung versetzt werden, empfinden dies die anderen beim Ausfüllen des Tippscheins und bei der Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen. Im Schnitt investierten die Tippsüchtigen 24 bis 100 Euro pro Spiel. „Die pathologischen Spieler füllen pro Ziehung mindestens fünf Scheine aus, der Spitzenreiter lag bei 32 Scheinen“, sagt Grüsser-Sinopoli.

Die Lottogesellschaften nähmen die Studie sehr ernst, sagt Klaus Walkenbach, Geschäftsführer der Brandenburger Lotto-GmbH im deutschen Lottoblock. Innerhalb der einzelnen Gesellschaften werde das Thema Sucht schon seit längerem diskutiert. „Die Charité-Studie wird diese Debatte befördern“, sagte Walkenbach. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, dann sei es denkbar, in Lottoannahmestellen Hilfsangebote für Süchtige per Aushang oder Flyer bekannt zu machen. Auch einen Warnhinweis auf den Lottoscheinen lehnt Walkenbach nicht von vorneherein ab.

Die jetzt vorgelegte Untersuchung ist allerdings nicht repräsentativ. Dazu sind rund 170 Befragte zu wenig. Allein in Berlin werden Woche für Woche für die Samstagsziehung rund 550 000 Spielscheine ausgefüllt. Deshalb bereitet Grüsser-Sinopoli jetzt eine repräsentative Studie mit 3000 Teilnehmern vor.

Für Betroffene bietet die Charité mittwochs von 15 bis 19 Uhr eine anonyme Beratung unter Telefon 450 529 529 an.

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