zum Hauptinhalt

Berlin: Ausgestiegen

Von Vivien Leue Tempelhof-Schöneberg. Der rote Teppich war schon ausgelegt, der Sekt wartete eisgekühlt und mit ihm viele schick-gekleidete Leute.

Von Vivien Leue

Tempelhof-Schöneberg. Der rote Teppich war schon ausgelegt, der Sekt wartete eisgekühlt und mit ihm viele schick-gekleidete Leute. Hoher Staatsbesuch hatte sich angekündigt im Bezirk. Vor dem Rathaus Schöneberg warteten Bezirksbürgermeister Ekkehard Band und der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Rainer Kotecki. Um sie herum Angestellte des Bundeskriminalamtes. Alles erinnerte ein bisschen an die Zeit, als das Rathaus noch der Regierungssitz Berlins war. Um Punkt 14 Uhr kam dann Bewegung in die Menge: Begleitet von einer kleinen Polizei-Eskorte fuhr die schwarze Limousine des Bundespräsidenten Johannes Rau vor.

Zugegeben, nach dem Besuch von George Bush sind die Berliner ja Größeres gewöhnt, aber trotzdem hatten sich einige Schaulustige versammelt. Gespannt begutachteten sie den Staatsgast, und wer zufällig eine Kamera dabei hatte, freute sich ganz besonders. Lange konnten sie Johannes Rau jedoch nicht fokussieren: Nach kurzem Händeschütteln und Begrüßungsworten gingen die Vertreter des Bezirkes zusammen mit dem Bundespräsidenten in das geschichtsträchtige Gebäude, wo die Schöneberger Sängerknaben den ersten Mann des Staates aus voller Kehle begrüßten. Im historischen Goldenen Saal des Rathauses ergriff Johannes Rau schließlich das Wort. Er habe schon als Wuppertaler Oberbürgermeister viel mit dem Bezirk Schöneberg zu tun gehabt. Immerhin sind die beiden Orte durch eine Partnerschaft verbunden, und so war Rau auch früher schon des öfteren Gast in diesem Bezirk. Der gestrige Besuch war der erste einer Reihe von Gegenbesuchen, die Johannes Rau in den Bezirken Berlins plant. Letztes Jahr waren die Bezirksbürgermeister bei ihm selbst eingeladen und hatten sich ein Bild von seinem Arbeitsplatz gemacht. Nun möchte Ekkehard Band auch sein Arbeitsfeld, den Bezirk Tempelhof-Schöneberg, näher vorstellen. Dazu gehörten gestern auch der Besuch des fast schon legendären Puppentheaters „Hans-Wurst-Nachfahren“ am Winterfeldtplatz, sowie des Daimler-Chrysler Werkes in Marienfelde. Letzteres ist der größte Arbeitgeber des Bezirkes. Am Winterfeldtplatz hatten Schüler die heranfahrende Wagenkolonne bemerkt und waren voller Aufregung stehen geblieben, als sie den Staatsmann erkannten. „Darf ich Ihnen die Hand schütteln?“, tönte es von allen Seiten. Rau nahm es gelassen, streckte die Hand in alle Richtungen und freute sich sogar über diesen ungeplanten Empfang. Die Männer mit dem Knopf im Ohr wurden jedoch schon ein wenig nervös. Ruhiger ging es im Theater selbst weiter.

Siegfried Heinzmann und Barbara Kilian, der Leiter und die Gründerin des Theaters, geleiteten ihren Gast in eines der Vorführzimmer, wo sie dem Bundespräsidenten einen Sonderplatz auf der Bank mit goldenem Kissen reserviert hatten. Umgeben von Marionetten und fast kindergroßen Puppen lauschte Rau interessiert den Ausführungen der Schauspieler und Betreiber des Theaters und nahm auch das anschließende Angebot, einmal hinter die Kulissen zu schauen, gerne wahr. Auch die Puppen schienen bei diesem hohen Besuch außer Rand und Band. Die sieben Zwerge vergaßen gar ihren Text, als einer den Bundespräsidenten erblickte. „Was ist denn ein Bundespräsident?“, fragte ein kleiner Zwerg. „So etwas wie ein König“, bekam er daraufhin zu hören. Das Lachen im Saal war groß, doch ein bisschen schien Rau der Vergleich zu gefallen.

NAME

Zur Startseite