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Berlin: Ausländer bevorzugen Schulen ohne Ausländer

Bildungsorientierte Migranten-Familien meiden zunehmend Problembezirke. Besonders Vietnamesen fordern viel von ihren Kindern

Sie heißen Aladin, Elif und Fatima und haben eines gemeinsam: Ihre Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder Grundschulen in der Innenstadt besuchten, in denen man die letzten deutschen Kinder an zwei Händen abzählen kann. Deshalb lernen die Kinder jetzt vor den Toren der Stadt in Mahlow, Großziethen oder Falkensee, können nach kurzer Zeit Deutsch, und in ihren Poesiealben wimmelt es nur so von Kästner und Storm. Integration vom Feinsten. Tendenz: steigend.

„Es kostet viel Energie, die Eltern hier zu halten“, berichtet Turgut Hüner vom Elternverein des Türkischen Bundes. Sein gutes Zureden, in der Innenstadt zu bleiben und hier gemeinsam zu versuchen, das Niveau zu heben, fruchtet nicht immer: „50 Prozent gehen“, lautet Hüners Einschätzung. Denn auch unter den türkischen Migranten gibt es immer mehr bildungsbewusste, die auch vor einem kostspieligen und schwierigen Umzug nicht zurückschrecken, damit es ihren Kindern im sozialen Fortkommen besser geht als ihnen.

Ihre Sorgen sind berechtigt. Die ganzen Bärenstark- und Pisa-Untersuchungen der vergangenen Jahre haben belegt, dass die meisten Kindergärten und Schulen versagen, wenn der Ausländeranteil zu hoch ist. 50 Prozent gelten als Schallgrenze, wenn man will, dass die Migranten von den Einheimischen die Sprache lernen. Aber diese Schallgrenze ist vielerorts überschritten: Es gibt bereits 62 Grundschulen, die über 60 Prozent nicht deutschsprachiger Kinder haben. 29 haben sogar die 80-Prozent-Marke hinter sich gelassen. Hüner würde deutsche Eltern am liebsten mit Steuervorteilen dazu bewegen, in den problembelasteten Bezirken zu bleiben, damit die deutschen Sprachvorbilder erhalten bleiben.

Auch bildungsbewussten türkischen Eltern wie der Familie Hüner gelingt es nur mit viel Mühe, in schwierigen Stadtteilen ihre Kinder zum Abitur zu bringen. Letztes Jahr schafften immerhin zwei türkische Schüler einen Abiturschnitt von 1,1. Insgesamt gibt es jährlich rund 200 türkische Abiturienten. Damit es noch mehr werden, rät Hüner den Eltern, sich nicht nur um die Schule, sondern auch um die Freizeitgestaltung ihrer Kinder zu kümmern und das Herumlungern vor Fernseher oder PC zu verhindern.

Während man diese Einstellung bei den Türken erst mühselig wecken muss, ist es unter Bevölkerungsgruppen wie den Vietnamesen selbstverständlich, dass Bildung oberste Priorität hat. „Die Eltern üben auf ihre Kinder einen massiven Leistungsdruck aus“, heißt es in einem Bericht des Migrantenbeirates in Marzahn-Hellersdorf. Das Ergebnis ist, dass die vietnamesischen Kinder meistens sehr leistungsstark sind. Selbst die erst später nachgeholten Kinder kämen in der Schule blitzschnell zurecht, da sie aus Vietnam gute schulische Vorkenntnisse mitbrächten. Der Leistungs- und Anpassungsdruck führt schließlich dazu, dass schon die zweite Generation der Vietnamesen „sprachlich und kulturell in Deutschland verortet“ ist, heißt es in dem Bericht. Viele Türken leben auch in der dritten Generation noch isoliert.

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