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Umstritten: Berlin-Partner-Geschäftsführer René Gurka steht im Mittelpunkt der Affäre.

© Mike Wolff

"Berlin Partner"-Affäre: Ein Aufpasser für René Gurka

Der Untersuchungsbericht zu Berlin-Partnern liegt vor. Schwere Vorwürfe gegen René Gurka enthält er nicht. Alleine soll der Geschäftsführer aber nicht weitermachen dürfen.

Sie sollen Firmen aus anderen Bundesländern und dem Ausland nach Berlin locken und bei deren Ansiedlung behilflich sein. Ein Auftrag, den die Hauptstadtwerber „Partner für Berlin“ recht erfolgreich erfüllen. Doch seit einigen Wochen gibt es bei der teils mit öffentlichen Geldern unterstützten Wirtschaftsförderungsagentur Unruhe. Geschäftsführer René Gurka steht unter Druck. Es geht um mögliche Ungereimtheiten bei Auftragsvergaben. Wirtschaftsprüfer nahmen Berlin Partner deshalb unter die Lupe – ihr Bericht liegt nun vor. Dem Vernehmen nach soll dieser keine schwerwiegenden Vorwürfe enthalten. Man will Gurka aber wohl einen zweiten Geschäftsführer zur Seite stellen. Dieser soll sich um die unbefriedigenden internen Abläufe kümmern. Heute will sich auch das Abgeordnetenhaus mit den Vorwürfen beschäftigen.

Dass sich Gurka künftig mit einem zweiten gleichberechtigten Chef arrangieren muss, der sozusagen als Aufpasser ins Amt kommt, wollte ein Sprecher von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) am Sonntag weder bestätigen, noch dementieren. Wolf ist Vize-Vorsitzender des Aufsichtsrates von Berlin Partner. Er habe alle weiteren Schritte mit Aufsichtsratschef Peter Zühlsdorff eng abgesprochen, hieß es. Man sei aber übereingekommen, dass nur dieser auf einer Pressekonferenz am Montag den Untersuchungsbericht vorstellen und alle weiteren Entscheidungen bekanntgeben werde. Deshalb wollte sich gestern auch bei Berlin Partner niemand offiziell dazu äußern.

Zühlsdorff ist ein umtriebiger Berliner Unternehmer. Der einstige Chef des Haarpflegekonzerns „Wella“ machte sich einen Namen als Sanierer der Tengelmann-Gruppe. Heute ist er Geschäftsführer der Deutschen Industrie Holding.

Die Idee eines Duos an der Agenturspitze findet der wirtschaftspolitische SPD-Sprecher Frank Jahnke „sehr gut“. Die stark expandierte Agentur mit derzeit 116 Mitarbeitern habe viele zusätzliche Aufgaben bekommen, sagte er. Sie betreut inzwischen auch ansässige Firmen unter dem Motto „Bestandspflege“, betreibt eine Agentur für Elektromobilität und organisiert die „Be Berlin“-Kampagne. „Da ist ein weiterer Topmanager doch durchaus sinnvoll“, meint Jahnke.

Lesen Sie auf Seite 2, welche Aufgaben René Gurka in Zukunft haben soll - und warum die Grünen gerne den Landesrechnungshof einschalten würden.

Umstritten: Berlin-Partner-Geschäftsführer René Gurka steht im Mittelpunkt der Affäre.
Umstritten: Berlin-Partner-Geschäftsführer René Gurka steht im Mittelpunkt der Affäre.

© Thilo Rückeis

Wie in politischen Kreisen verlautet, soll sich der bisherige alleinige Berlin-Partner-Chef künftig vorrangig um internationale Kontakte kümmern. Falls dies zutrifft, erkennt der Aufsichtsrat damit René Gurkas unbestrittene Verdienste um die Anwerbung von Firmen an. Denn der 39-jährige, der zuvor für die Deutsch-Amerikanische Handelskammer arbeitete, gilt als engagierter Manager mit besten internationalen Kontakten. Sein Vertrag läuft noch bis 2015.

Gleichwohl bleiben die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus skeptisch. Sie haben deshalb für die Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Montag eine Aussprache „über Filz und Gefälligkeiten“ im Verantwortungsbereich des Wirtschaftssenators beantragt. Berlin Partner ist zwar kein Unternehmen der öffentlichen Hand. Die Agentur wird nach eigenen Angaben nur zu 45 Prozent vom Land finanziert, während die restlichen Gelder rund 170 Berliner Mitgliedsfirmen beisteuern. Doch immerhin habe das Land alleine für 2011 mehr als 8,5 Millionen Euro bereitgestellt, sagt Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Deren ordnungsgemäße Verwendung müsse gesichert sein.

Ob dies der Fall ist, untersuchte im Auftrag des Wirtschaftssenators in den vergangenen Wochen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, eine der bundesweit größten Firmen der Branche. Dabei ging es um einen mutmaßlich zu lockeren Umgang mit Ausschreibungsrichtlinien. So soll Berlin Partner 2010 Möbel für 145 000 Euro ohne vorherige Ausschreibung gekauft haben. Und Anfang August wurde bekannt, dass eine Mitarbeiterin der Agentur an eine Rechtsanwaltskanzlei Beratungsaufträge vergab, obwohl ihr Ehemann in dieser Kanzlei eine führende Position hat. Geschäftsführer Gurka soll entsprechende Anwaltsrechnungen dann unterzeichnet haben. Aufträge von Berlin Partner müssen aber laut interner Richtlinie ausgeschrieben werden.

In die Kritik geraten ist auch die Kosmetik des Lebenslaufes des obersten Berlin-Werbers. Bezweifelt wird, ob René Gurka den akademischen Titel „Bachelor of law“, den er auf Dokumenten und der Website der Agentur angab, tatsächlich erworben hat. Inzwischen wurde der Titel aus allen Veröffentlichungen getilgt.

Um „ganz sicher zu gehen“, würden die Grünen das „fragwürdige Geschäftsgebaren“ lieber vom Landesrechnungshof als von Privatprüfern untersuchen lassen. Doch der Rechnungshof teilte ihnen auf einen entsprechenden Antrag hin mit, Berlin Partner habe eine solche Kontrolle abgelehnt. „Bei rein öffentlichen Unternehmen brauchen die Landesprüfer keine Einwilligung“, erklärt Fraktionschef Ratzmann. „Wenn privates Kapital überwiegt, aber schon.“ Ein Sprecher von Berlin Partner konterte am Sonntag, das letzte Wort sei in dieser Angelegenheit noch längst nicht gesprochen. „Wir diskutieren das zur Zeit.“

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