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Berlin: Ausstellung des Heimatvereins erinnert an Besatzer, die schnell zu Partnern wurden

Es war jedes Jahr zur Weihnachtszeit. Da verwandelte sich der altersschwache Panzer vor den Turner-Barracks am Hüttenweg - ein respekteinflößender Koreakriegs-Veteran - in einen lustigen Santa-Claus-Schlitten.

Es war jedes Jahr zur Weihnachtszeit. Da verwandelte sich der altersschwache Panzer vor den Turner-Barracks am Hüttenweg - ein respekteinflößender Koreakriegs-Veteran - in einen lustigen Santa-Claus-Schlitten. Ihm vorgespannt wurde eine Rentier-Attrappe, obenauf hielt Chef Santa Claus die Zügel in der Hand. Hey-hoo, was für ein lustiges Militärhandwerk. Aber es war ja Weihnachten und die Menschen friedlich.

Manchmal hatten die GIs schon merkwürdige Ideen, wie das weihnachtliche Foto aus der Ausstellung "Unsere Amis - Die Amerikaner im Bezirk Zehlendorf 1945 bis 1994" zeigt. Aber die Zehlendorfer liebten sie. Dieser Eindruck entstand jedenfalls bei der Eröffnung am Donnerstagabend in der Alten Dorfkirche. US-Botschafter John Kornblum, selbst sechs Jahre lang ein Zehlendorfer Ami, blickte in seinem Festvortrag auf das Verhältnis zwischen Berlinern und Amerikanern zurück und glaubt: "Wir haben der Stadt unsere Art der Offenheit vermacht. Ein Teil unserer natürlichen Identität ist so in Berlin lebendig." Das mache Berlin so lebens- und liebenswert. Das Bekenntnis zu demokratischen Kräften bei der ersten freien Wahl im Jahre 1946 und das gemeinsame zähe Durchhalten während der Luftbrücke hätte die Sieger zu Partnern gemacht.

Und schließlich: "Mit dem Fall der Mauer wurden Besatzer über Nacht zu Gästen." Einige sind nach dem Abzug der Soldaten 1994 geblieben. Meist in Zehlendorf, das "für immer das Zentrum amerikanischer Präsenz in Berlin bleiben wird." Darin entdeckte der Vorsitzende des Heimatvereins, Joachim Scharnowski, sogleich "eine versteckte Liebeserklärung" an den Bezirk. Der revanchiert sich mit einer kleinen, liebevollen Ausstellung, bei der das zivile Zusammenleben im Mittelpunkt steht. In all die Liebe mischen sich Erinnerungen, etwa der beiden Frauen, denen beim Betrachten Bilder der Beschlagnahmung ihrer Villen in den Kopf kommen. Die eine: "Später habe ich dann die verschwundenen Möbel gemeldet." Die andere: "Oh, ja, damit man sie doch nicht wieder kriegt. Die Listen waren sinnlos." Vorbei und vergessen.

Die Ausstellung zeigt, wie die Armee zum Arbeitgeber wurde, wie der Jazz in die Clubs kam und rauschende Deutsch-amerikanische Volksfeste gefeiert wurden. Das erste endete übrigens mit dem Tag des Mauerbaus am 13. August 1961. Man kann und konnte gut miteinander, was auch ein Blick in die offizielle Geschenkekiste der Amerikaner für Bürgermeister und Bezirksverordnete zeigt, für die unter anderem formschöne deutsch-amerikanische Freundschaftshumpen bereit lagen. Zu den ältesten Traditionen gehören die schenkenden Soldaten, die Zehlendorfer Kinder im Rathaus bescherten. Mit schnittigen Spielzeugautos, versteht sich. Die Panzer waren ja für Santa Claus bestimmt."Unsere Amis - Die Amerikaner im Bezirk Zehlendorf 1945 bis 1994", Heimatmuseum, Clayallee 355, Öffnungszeiten: Montag und Donnerstag 16 bis 19 Uhr, Telefon 802 24 41, bis Ende Januar 2000.

Chris Löwer

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