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Ostereier-Ausstellung

© Mike Wolff

Ausstellung: Ei mit Stil

Dieses Jahr zeigt das Heimatmuseum Charlottenburg zum Osterfest 500 zerbrechliche Kunstwerke. Sie wurden unter größter Vorsicht aus Ungarn herangekarrt.

Das Bild ist nahezu idyllisch. Quietschgelbe Küken picken neben einer behäbigen Glucke auf einer sattgrünen Wiese, die auch Platz für niedliche Osterlämmer hat – eine kleine heile Frühlingswelt hat der Künstler mit feinstem Pinsel festgehalten. Dies nicht auf Leinwand, sondern auf höchst zerbrechlichem Untergrund – einem gewöhnlichen Hühnerei.

Bewundern kann man das kleine Kunstwerk im Heimatmuseum in Charlottenburg. „Kunst des ,Eierschreibens’ – Schmuckeier aus Ungarn“ heißt dort in der Schloßstraße 69 die diesjährige Ausstellung zum Osterfest. Das feiert man in Ungarn ähnlich wie bei uns und in anderen europäischen Ländern – mit Kirchgang, Lamm, Osterhase und Ostereiern.

Wer in Ungarn eines der ovalen Hühnerprodukte in eines der ältesten und beliebtesten Requisiten des Osterfestes verwandelt, indem er es bemalt, färbt, beklebt oder bekratzt, verziert dabei nicht im herkömmlichen Sinne das Symbol für Wiedergeburt, Erneuerung und Fruchtbarkeit, sondern „beschriftet“ es. So heißt diese künstlerische Fertigkeit bei den traditionsbewussten Ungarn. Dort ist das „Eierschreiben“ eine hoch geschätzte Volkskunst – das demonstrieren die in Charlottenburg ausgestellten Schmuckeier.

Wer sie so gut beschriften kann wie Mariá Ujváry aus dem nordungarischen Gömör, bekommt dort sogar einen Titel – Volkskünstlerin. Die studierte Ethnologin, die in ihrer Heimat mit am Aufbau eines Museums für Schmuckeier arbeitet, hat für die Präsentation in Berlin über 500 zerbrechliche Kunstwerke zusammengetragen.

Was von ihr und 20 volkskünstlerischen Kollegen aus ungarischen Regionen nun in Charlottenburg zu sehen ist, löst Erstaunen aus. Schier unglaublich ist nicht nur die ausgestellte Kunstfertigkeit, sondern vor allem deren Vielfalt. Da gibt es im Zwiebelsud gefärbte Eier, auf denen filigrane Kräuter ausgespart sind. Andere sind zuckerwassersteif gehäkelt – dazu wird das Hühnerei zunächst umhäkelt und dann beseitigt.

Eine Besonderheit sind Eier, die mit Metallapplikationen versehen sind, auch mit Körnern verzierte sind zu sehen. Viele zeigen – bemalt oder in Kratztechnik mit dem Rasiermesser „beschriftet“ – florale Muster oder abstrakte Ornamente, wie man sie auch von den volkskünstlerischen Stickereien und Keramiken Ungarns kennt.

Und die eingangs geschilderte Landschaftsidylle ist auch nicht die einzige, die in der Ausstellung auf einem Ei Platz fand. Da schwimmen prächtige Enten auf blauen Teichen, blüht und zwitschert es frühlingsbunt auf Wiesen und Zweigen, wuchern üppig Veilchen auf einer Schmuckdose, die ein Ei war. Die aus der Gegend um Gömör, einer der schönsten Landschaften Ungarns, sind für ihre Rosmarin-, Tannen-, Blätter-, Kornblumen- und Margaritenmuster berühmt, mit denen die „Eierschreiber“ die profane Produktion ihrer hoffentlich glücklichen Hühner in Kunstwerke verwandeln.

Dass auch hierzulande Eierkünstler vom Feinsten werkeln, ist in einem anderen Ausstellungsraum zu sehen. Auf einem klitzekleinem Wachtelei tummeln sich da unter anderen zwei stolze Schwäne auf einem See. Dass man gar Elefanten und Katzen eiförmig verarbeiten kann, fiel einem Eierkünstler in Rumänien ein – traditionsbewusste Ostereierfetischisten haben damit vielleicht ein Problem.

Eier als ein Zeichen für Fruchtbarkeit und Leben verschenkte man dabei schon vor 3000 Jahren in Ägypten zum Frühlingsfest. Dass sie der Osterhase bringt, erzählt man den Kindern erst seit etwa 300 Jahren. Damals hatten die meisten Familien einen „Krautgarten“, in dem sie zu Ostern die bunten Eier zwischen Salat und Gemüse versteckten. Das frische Grün lockte auch Feldhasen an – so entstand die Geschichte vom Hasen, der die Ostereier bringt.

Das Osterhasenheer, das sich im Charlottenburger Heimatmuseum in einem großen Glaskasten tummelt, ist dabei aus Schokolade. Die zwischen der süßen Pracht der österlichen Mümmelmänner ausgestellten Ostereier sollte man dagegen lieber nicht essen - sie sind nämlich aus Pappe. Ab 1880 wurde es Sitte, Papp-Ostereier mit süßen und anderen Geschenken zu füllen. Die überwiegend in Heimarbeit im Erzgebirge hergestellten und kunstvoll beklebten Behältnisse waren sozusagen die volkstümliche Ausgabe der kostbaren Behälter in Eiform, die als Ostergeschenke in der Oberschicht selbstverständlich waren.

Heidemarie Mazuhn

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