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Ausstellungseröffnung: Elvira Bach: Eine Frau will Farbe

Wer ihre Bilder kaufen will, muss schon mal 80 000 Euro hinlegen. Es geht aber auch günstiger: Elvira Bach stellt ihre besten Werke ab heute in Charlottenburg aus.

30 Jahre immer ich? Ich, ich, immer nur ich? Das hält doch kein Mensch aus. Außer, er ist Künstlerin und heißt Elvira Bach. Sie ist eine Ikone der Berliner Kunstszene, außerdem eine der erfolgreichsten Malerinnen der Gegenwart und wird am 22. Juni 60 Jahre alt. Zeit für die Geburtstagsausstellung „30 Jahre immer ich“ jetzt in der Galerie Brennecke in Charlottenburg. Im Juli und September folgen dann noch zwei weitere Schauen auf Schloss Liebenberg und im Haus am Lützowplatz.

„Immer ich“ ist der Titel von Elvira Bachs erstem Großbild, das 1978 entstand. „Das hab’ ich damals mehr so zur Selbstbestärkung dran geschrieben“, sagt sie und staunt darüber, wie gut es mit ihrer permanenten künstlerischen Nabelschau geklappt hat. Seit 1981, wo sie mit den sogenannten Jungen Wilden ihren Durchbruch bei der Ausstellung „Bildwechsel“ in der Akademie der Künste im Hanseatenweg erlebte. Und vor allem seit 1982, wo nicht die Vorzeige-„Wilden“ Rainer Fetting oder Helmut Middendorf zur Documenta nach Kassel eingeladen wurden, sondern Elvira Bach. Als erste Frau überhaupt. Inzwischen hängen ihre kraftvollen, farbverliebten Frauenbildnisse in Museen und Sammlungen in aller Welt und wer eins kaufen möchte, muss 20 000 bis 80 000 Euro mitbringen.

Farbtöpfe, Pigmenttüten, Pinsel, Tuben, Glasplastiken, Bronzen, Vasen mit Kornblumen, Nelken, Pfingstrosen und viele Quadratmeter Fabriketage voller Luft und Bilder. Ganz schön überwältigend so ein Atelierbesuch bei Elvira Bach in der Schlesischen Straße.

Wie viel Wille zur Form, zur Gestaltung, zum Drama die verschmitzte Frau allein schon durch ihre Aufmachung zeigt: der Turban, das raschelnde Wallegewand mit den Farbklecksen, der klappernde Modeschmuck, die feuerroten Lippen und Nägel, die schwarzen Augenbrauen. Ganz die punkige Berliner Ausgabe einer stolzen Afrikanerin. Da hat Bach viele Jahre mit ihrem senegalesischen Ehemann gelebt.

Und dann die Zigaretten. Verlegen aber konzentriert flammt sie eine nach der anderen ab. Ihr ältester Sohn und sein Hund schauen stoisch zu. Und die Hackenschuhe. Zehn Jahre hat Elvira Bach sie selbst gern getragen, jetzt den Füßen zu liebe nur noch zur Repräsentation, aber ihre Bilder wimmeln unverändert davon. Der Hackenschuh ist ihr Markenzeichen.

Sieht einfach besser aus, wenn ein gemaltes Frauenbein Schuhe mit Absatz trägt, sagt die Frau, die seit Jahrzehnten trotz gelegentlicher Anwürfe, sich künstlerisch ja wohl gar nicht zu bewegen, unbeirrt Frauen abbildet. Frauen mit Obst, Geschirr, Pinseln, Zigaretten, Blumen, Schlangen. Allesamt großbusige, breitschultrige, rundhüftige, mondäne Majestäten. Mitunter Selbstbildnisse, aber nicht nur. „Die Ähnlichkeit schleicht sich so ein bei figurativer Malerei“, sagt sie. Und dass sie natürlich bei allem, was sie male, immer von sich ausgehe. So wie in den in Charlottenburg ausgestellten Gemälden „In der Bar“ von 1982 und „Alltägliche Krone“ von 1999. Die besteht bei der roten Frauengestalt, an die sich zwei Kinder schmiegen, ganz banal aus Töpfen. Als Künstlerin und Mutter gefangen in der Küche – das ist eins der Dauerbrennerthemen von Elvira Bach. Das andere Bild zeigt eine Frau am Tresen der Bar Exil. So herausfordernd habe sie sich da oft an die Bar gestellt, grinst Bach. „Als Lustobjekt, das habe ich genossen.“

Sie war Stammgast in der Kreuzberger Künstler- und Promikneipe am Paul-Lincke-Ufer, wo im „Borchardts der Achtziger“ neben der einheimischen Bohème auch Leute wie Jack Nicholson oder Robert de Niro zechten. Überhaupt Kreuzberg. Da hat Bach, die vor Jahren von dort der Kinder wegen nach Charlottenburg zog, in ihrem alten Atelier in der Oranienstraße gegenüber vom SO36 von Anfang an gegen das Hässliche, Graue angemalt.

Das steinerne Berlin sei ihre fünfte Jahreszeit, sagt Bach, die in einem Obstbauerndorf im Taunus aufgewachsen ist. Als sie 1972 zum Studium an die Hochschule der Künste nach Berlin kam, war es mit den anderen vier erst mal vorbei. Doch in ihren Bildern, da hat sie sich die Üppigkeit und Farbenpracht ihrer Kindheit wieder geholt und feiert sie weiter. „Ich will Farbe!“, sagt sie und stößt eine Rauchwolke aus. Und sie will Berlin. Immer noch, trotz der Liebe zu Afrika und zur Karibik, zum Süden überhaupt. Weil die Stadt so ein guter Nährboden für Künstler ist. Und weil sie hier frei und „immer bei sich bleiben“ kann.

Galerie Brennecke, Mommsenstraße 45, Charlottenburg, Vernissage Mi 1.6., 19 Uhr, bis 13. Juli, Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa 11–18 Uhr

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