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Kalt, gestellt. Auf dem Pariser Platz zogen sich Berliner aus, um für die Kältehilfe zu werben.

© Katharina Langbehn

Berlin: Ausziehen gegen das Frieren

Aktivisten werben nackt für die Obdachlosenhilfe.

Oberteil aus, Foto, Oberteil wieder an. Nächster. Gunnar Heilmann hält vor seinen nackten Oberkörper ein Schild. „Was heißt frieren?“ steht darauf – und die Nummer des Berliner Kältebusses. Heilmann ist einer der Freiwilligen, die auf die Situation von Obdachlosen im Winter aufmerksam machen wollen. Leicht bekleidet lassen sie sich vor dem Brandenburger Tor fotografieren. Mehr als 300 Unterstützer haben sich nach einem Aufruf auf Facebook angemeldet. Auch Heilmann hat so von der Aktion erfahren. Während er bereits wieder die Jacke überstreift und sich fröstelnd die Finger reibt, entblößt wenige Meter daneben eine junge Frau ihren Glitzer-BH. „Man hört oder liest in den Medien ja immer wieder von Kältetoten“, sagt Heilmann. Er mache bei der Aktion mit, weil er ein Zeichen setzen wolle. „Ich finde es wichtig, dass man ein Bewusstsein für die Situation anderer Leute schafft und Menschen hilft, die weniger privilegiert sind.“

Für Ortrud Wohlwend, Öffentlichkeitsreferentin der Berliner Stadtmission, ist das auch besonders wichtig: „Wachsamkeit für Menschen in Not und Mitgefühl können Menschenleben retten.“ Mit einem simplen Anruf sei es aber nicht getan. Bei 80 bis 100 Anrufen könnte das die Arbeit des Kältebusses sonst sogar blockieren. „Man sollte die Menschen beispielsweise auch ansprechen, um herauszufinden, ob Hilfe überhaupt nötig, beziehungsweise gewünscht ist“, sagt Wohlwend. Das Hilfeangebot werde manchmal auch strikt abgelehnt.

Es brauche nicht nur Aufmerksamkeit für die Situation der Obdachlosen, sondern auch eine Anleitung, wie man richtig helfen könne: Seit Ende Januar hat der Kältebus daher auch eine eigene Facebook-Seite. „Jeder kann Menschenretter werden“, sagt sie. Möglichst viele Berliner sollten deshalb erfahren, wie sie richtig helfen können. „Wir wollen, dass sie Mitgefühl für obdachlose Menschen entwickeln. Wir wollen aber auch auf die Grenzen der Hilfemöglichkeit durch das Kältebusteam aufmerksam machen.“

Am Brandenburger Tor werden derweil Touristen auf die Aktion aufmerksam und wundern sich. Ein Mann im „Berliner Bär“-Kostüm hält das „Was heißt frieren“-Schild in den Tatzen. Er schwitzt. Katharina Langbehn

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