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Linke Szene hört mit: Auszüge aus Polizeifunk ins Internet gestellt

Die linke Szene hat den Polizeifunk bei der Kreuzberger Krawalldemo in der Nacht zu Sonntag abgehört und eine Abschrift ins Internet gestellt. Laut Ermittlern handelt es sich um keine heiklen Geheimnisse.

Die linke Szene hat den Polizeifunk bei der Kreuzberger Krawalldemo in der Nacht zu Sonntag abgehört und eine Abschrift ins Internet gestellt. Das Protokoll beginnt um 21.36 Uhr und endet um 3.18 Uhr. Am Samstagabend hatten mehrere hundert militant gestimmte Autonome bei einer nicht angemeldeten Demonstration an den vor zehn Jahren in Genua von der Polizei erschossenen Globalisierungsgegner Carlo Giuliani erinnern wollen. Stundenlang bewarfen die Randalierer die 500 eingesetzten Polizisten mit Steinen, Flaschen und Böllern. Zudem wurden Beamte mit Zwillen beschossen, nach Angaben des Polizeipräsidiums vermutlich mit „Hartgeschossen“, die hohen Schaden an Mannschaftswagen verursacht, aber niemanden verletzt hätten.

In dem auf einer linken Internetseite veröffentlichten Funkverkehr liest sich das so: „0.50 Uhr – Terra – aus Köpi 137 Zwillenbeschuss mit Treffern“. Durch diese Veröffentlichung ist nun bekannt geworden, dass der Angriff offenbar aus dem linken Szeneobjekt „Köpi“ an der Köpenicker Straße 137 erfolgte. „Terra“ ist im Polizeifunk der Rufname für die 24. Einsatzhundertschaft. Ein Geheimnis sind diese Rufnamen nicht, im Internet haben Funkamateure akribisch Listen sämtlicher Einheiten erstellt. Sehr viel Fachwissen beweisen die linken Abhörer indessen nicht. So haben sie sich bei der Hundertschaft „Rewe“ schlicht verhört: Die 21. Hundertschaft hört auf den Rufnamen „Riese“, nicht Rewe. Und ein „Raumschiff“ gibt es auch nicht, sondern nur einen „Raumschutz“.

Das Abhören des Behördenfunks ist verboten, die Polizei hat deshalb ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.  Technisch ist das Abhören ausgesprochen einfach, ein manipuliertes Radio reicht, besser ist ein sogenannter Funkscanner, dessen Besitz nicht verboten ist.

Linke Aktivisten werten die Veröffentlichung offenbar als Erfolg: „Interessant was für Taktiken die Bullen fahren“, heißt es auf der Seite. Die Polizeiführung sieht das eher gelassen. Dennoch sei die Veröffentlichung ärgerlich, weil viele heikle Details bekannt geworden seien. So ist nun bekannt, um welche Uhrzeit am Mariannenplatz der Molotowcocktail auf Polizisten geworfen wurde. Und die Täter dürften sich auch über eine Meldung eines Beamten wenige Minuten später gefreut haben. Dieser hatte verkündet, dass der Brandsatz „komplett abgebrannt“ und „nichts mehr zu sichern“ sei.

Wirklich heikle Informationen tauscht die Polizei in der Regel über Mobiltelefon aus. Denn die Polizei weiß, wie unsicher ihr Analogfunk ist. Nach vielen Jahren des Streits um Technik und Finanzierung soll der Digitalfunk im nächsten Jahr vollständig in Berlin und Brandenburg funktionieren. Die Einführung hat sich mehrfach verschoben. Mittlerweile soll Deutschland das einzige Land Europas – neben Albanien – sein, das noch keinen Digitalfunk hat. Vor einem Jahr war es der Polizei gelungen, während einer linken Demo in einem Szeneobjekt einen Scanner zu beschlagnahmen. Aktivisten hatten die Informationen aus dem Polizeifunk über Twitter verbreitet.Jörn Hasselmann

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