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Wohin des Weges? Was aus dem kultigen Verein in der Ackerstraße 169 wird, steht noch nicht fest.

© Doris Spiekermann-Klaas

Auszugstermin: Schokoladen-Mitte muss raus – erst einmal

Seit Jahren laufen Versuche, dass das Schokoladen-Mitte geräumt wird. Nun steht mit dem 30.September 2012 ein Auszugstermin fest - vorläufig, denn ein Widerruf des Deals ist möglich.

Eine einzelne Holzbank steht im Saal 135 des Landgerichts. Die ganz großen Fälle werden hier sonst nicht verhandelt. Doch an diesem Freitag drängen sich hier zwei Dutzend Besucher in Kapuzenpullis, T-Shirts und lässigen Lederjacken. Sie sind Mitglieder des Vereins Schokoladen-Mitte, seit Jahrzehnten eine gute Adresse der Berliner Musik- und Kiezkultur, seit Jahren aber auch von der Räumung bedroht. Und die will der Grundstücksbesitzer an diesem Tag mal wieder per Gerichtsbeschluss durchsetzen.

Das Ringen zwischen Investor und Kulturtreibenden um das feine Grundstück in der Ackerstraße ist zu einem Politikum geworden: Sowohl im Bezirk als auch im Senat möchte man eine Eskalation vermeiden. Die Krawalle nach der Räumung des linksalternativen Wohnprojektes Liebigstraße 14 sind nicht vergessen. Und das Schokoladen ist ein fester Bestandteil der Off-Kultur, eine bunte Blüte der Kreativ-Biotope, die den Charme und die Anziehungskraft Berlins ausmachen. Eifrig wird deshalb hinter den Kulissen verhandelt: Über Ersatzgrundstücke für den Investor, andere Räume für das Schokoladen – bisher indes ohne jeden Erfolg.

„Eine Eskalation wollen wir alle nicht“, sagt auch die Richterin und bemüht sich redlich um einen Vergleich. „Die Klägerin wird weiter versuchen, Sie rauszukriegen“, mahnt sie, „und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es klappt.“ Den Verein verbindet nur ein Mietvertrag über Gewerberäume mit dem Hauseigentümer – Kündigungsschutz bietet der kaum. So gesehen, grenzt es fast an ein Wunder, dass die seit Jahren laufenden Räumungsversuche bisher ohne Erfolg blieben. Dazu beigetragen hat sicher auch der Rechtsanwalt von Schokoladen-Mitte, Moritz Heusinger.

Der trägt einen anthrazitfarbenen Anzug und hat die dunklen Haare am Hinterkopf mit einem Dutt gebändigt. Den mahnenden Worten der Richterin begegnet er beredt: Der Verein sei sehr wohl intensiv auf der Suche nach anderen Flächen, doch er sei nun einmal „nicht auch nur ansatzweise in der Lage“ die Mieten in Mitte zu bezahlen.

Die Rechtsanwältin der „Beteiligungsgesellschaft Trier GmbH“, blondierte Haare, dunkles Kostüm, sagt: „Eine friedliche Einigung liegt auch in unserem Interesse“. Peggy Götz-Lehmann macht aber deutlich, dass der geplante Tausch des Grundstücks an der Ackerstraße gegen eine Fläche an der Invalidenstraße nicht im Interesse des Grundeigentümers ist. Das Tauschgeschäft hatte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe angeregt.

Dem Vernehmen nach fordert der Eigentümer der Ackerstraße nun aber noch mehr Austauschfläche, um dort ein großes Kachelgeschäft eröffnen zu können. Gothe selbst sagt, „zur Freude des Bezirks“ gebe es einen „neuen Lösungsweg“, für den sich nun auch Kulturstaatssekretär André Schmitz einsetze. Nun müsse noch die Senatsverwaltung für Finanzen zustimmen. Vorher will Gothe keine Details verraten. Und die Räumungsklage? Sie endete mit einem Vergleich: Schokoladen zieht bis zum 30. September nächsten Jahres aus. Der Haken daran: Der Verein kann die Vereinbarung bis zum 28. Oktober widerrufen. Dann sieht man sich wieder – vor Gericht.

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