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Berlin: Autos auf Berlins Straßen im Rückwärtsgang

Zahl der Fahrzeuge nimmt langsam ab / Ursache: Einkommensverluste / Zehlendorf am stärksten motorisiertVON CHRISTOPH STOLLOWSKY BERLIN.Die ungebremste Motorisierung in Berlin gerät ins Stocken, die Zahl der registrierten Kraftfahrzeuge nimmt langsam, aber stetig ab.

Zahl der Fahrzeuge nimmt langsam ab / Ursache: Einkommensverluste / Zehlendorf am stärksten motorisiertVON CHRISTOPH STOLLOWSKY BERLIN.Die ungebremste Motorisierung in Berlin gerät ins Stocken, die Zahl der registrierten Kraftfahrzeuge nimmt langsam, aber stetig ab.Bereits von Juli 1995 bis Juli 1996 verzeichnete das Statistische Landesamt erstmals einen Rückgang um 0,3 Prozent, das waren exakt 4264 Personenwagen, Transportfahrzeuge und Motorräder weniger.Bis Mitte des vergangenen Jahres ergab sich abermals ein Minus von 6000 Fahrzeugen.Dennoch sind die Berliner des Autos keineswegs überdrüssig geworden.Der Rückgang hängt nach Einschätzung von Experten mit den geringer gewordenen Einkommen und mit wirtschaftlichen Problemen der Stadt zusammen - aber auch mit der Bevölkerungsentwicklung, denn seit 1994 nimmt auch die Zahl der Berliner langsam aber beständig um 0,2 bis 0,6 Prozent im Jahr ab.Ein großer Einbruch bei der Kfz-Flotte ist aber kaum zu erwarten - die Zahlen pendeln sich auf hohem Niveau ein. Insgesamt waren am 1.Juli 1997 in Berlin knapp 1,4 Millionen Kraftfahrzeuge registriert.Dies geht aus einer jüngst erschienenen Broschüre des Statistischen Landesamtes zur Entwicklung der Kraftfahrzeugzahlen hervor.Schaut man 27 Jahre zurück, so wird eine ungeheure Steigerung deutlich.1970 gab es in der gesamten Stadt rund 614 000 Autos, Transporter und Krafträder (140 000 im Ostteil, 475 000 im Westteil).Seither ist ihre Zahl um mehr als 130 Prozent gestiegen, während die Gesamtbevölkerung Berlins bis 1986 nur um 8 Prozent zunahm und die Fläche der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in West-Berlin bis 1996 / 97 gerade mal um 7,6 Prozent wuchs.Immer mehr Fahrzeuge mußten sich den gleichen Platz teilen. Durch Ost-Berlin rollten im Jahre 1989 bereits 377 000 Fahrzeuge, dies ist ein Anstieg um das Zweieinhalbfache seit 1970.In West-Berlin kletterten die Zahlen im gleichen Zeitraum um ein knappes Dreiviertel auf 820 000.Nach der Wende gab es dann bis 1993 einen erneuten Schub von plus 2,2 Prozent im Westen und plus 2,9 Prozent im Osten, anschließend glich sich die jährliche Entwicklung zunehmend an und schlug vor drei Jahren im Westteil erstmals in rückläufige Zahlen um, während es in Ost-Berlin noch geringfügig um 0,2 bis 0,4 Prozent im Jahr aufwärts geht.So nahm die Zahl der Fahrzeuge dort von Juni 1996 bis Juli 1997 um 2000 zu, verringerte sich aber im Westteil während des gleichen Zeitraumes um 8000.Unter dem Strich ergibt sich also für die gesamte Stadt ein Minus. Allein mit der Abnahme der Bevölkerung läßt es sich nicht erklären, denn auch ihr Motorisierungsgrad ist geringfügig rückläufig.So besaßen 1000 Berliner im Jahre 1995 im Durchschnitt exakt 406 Fahrzeuge, ein Jahre später waren es 405, und 1997 setzt sich dieser Minustrend offenbar fort.Nach Einschätzung des Statistischen Landesamtes bewegen auch die wachsende Arbeitslosigkeit und Einkommensverluste manche Berliner zum Verzicht aufs Auto.Betrachtet man die rückläufige Motorisierung genauer, so zeigt sie auch wirtschaftliche Probleme von Stadtgebieten. Im Ostteil gibt es beispielsweise weniger Transporter, seit dort mehr Kleinbetriebe denn je in Konkurs gehen.Weiterhin spiegelt der schrumpfende Kfz-Bestand auch die schlechte Wirtschaftslage Berlins im Vergleich zu anderen Bundesländern wieder.Bundesweit können sich statistisch gesehen jeweils zwei Bürger ein Auto leisten, in Berlin sind es zweieinhalb.Und im Bundesdurchschnitt rechnen die Marktforscher für 1998 mit einem kräftigen Anstieg der Neuzulassungen.Die Automobilindustrie erwartet zum Jahr 2010 rund 40 Prozent mehr Verkehr auf deutschen Straßen. Die Zahl der Unfälle wird deshalb nicht zwangsläufig steigen.Sie ist in Berlin wie im Bundesgebiet von der Entwicklung des Kfz-Bestandes zunehmend abgekoppelt.So ereigneten sich in der Stadt trotz des recht hohen Fahrzeugbestandes in den vergangenen Jahren immer weniger Unfälle, was Experten auf "Tempo 30", Verkehrsberuhigungen und eine bessere Verkehrserziehung zurückführen.In Berlin wurden 1993 159 785 Unfälle registriert, 1996 waren es noch 154 809.Von jeweils 1000 Kfz verunglückten 110.Zwischen Ost und West klafft die Entwicklung stark auseinander.So hat sich die Unfallhäufigkeit im Ostteil von 1989 bis 1996 mehr als vervierfacht, während sie im Westteil in dieser Zeit um 8,5 Prozent abnahm.Erst 1997 gab es auch im Osten einen Rückgang (1,7 Prozent). Untersucht man die Fahrzeugzahlen einzelner Bezirke, so ergeben sich kaum noch Unterschiede zwischen Ost und West.In Mitte entfielen 1996 /97 exakt 347 Pkw auf 1000 Einwohner, im gesamten Westteil waren es 348.Das Ausmaß der Motorisierung hängt in der Regel davon ab, wie dicht ein Bezirk bebaut ist.Innerhalb der Innenstadt sind die Zahlen am geringsten, besonders in Kreuzberg und Friedrichshain.Unter den Ostbezirken ist Weißensee am stärksten motorisiert, doch insgesamt liegen Tempelhof und Zehlendorf mit 406 beziehungsweise 425 Personenwagen auf 1000 Einwohnern an der Spitze.

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