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Berlin: Babyklappen-Mord: Kein Geld für DNA-Analyse

Vor Monaten gaben 456 Beschäftigte der Klinik Waldfriede ihre Proben ab – seitdem liegen sie ungenutzt im Keller der Kripo

Die Kripo kommt im „Babyklappenmord“ nicht weiter. Hinweise aus der Bevölkerung gehen seit langem nicht mehr ein – und mit der Auswertung der im September genommenen DNA-Proben aller Beschäftigten des Krankenhauses Waldfriede wurde noch nicht einmal begonnen. Denn es gibt noch keine Zusage der Staatsanwaltschaft, die Kosten von 60 000 Euro für diesen ersten Berliner Massen-DNA-Test zu übernehmen. „Wenn die Justiz sagt, das wird zu teuer, dann ist das traurig. Dann hätten wir uns den ganzen Aufwand sparen können“, sagte eine leitende Kriminalbeamtin dem Tagesspiegel.

In der Babyklappe der Zehlendorfer Klinik Waldfriede war am 8. Juli diesen Jahres ein mit 15 Messerstichen ermordeter Säugling gefunden worden. Da die Babyklappe, die verzweifelten Müttern eine anonyme Abgabe ihres Babys ermöglichen soll, nicht überwacht wird, waren die Ermittlungen vom ersten Tag an kompliziert. Nach Wochen war die Kripo soweit, dass durch Hinweise aus der Bevölkerung die Phantombilder zweier Frauen veröffentlicht werden konnten. Weil die ältere und eine jüngere Frau trotz des Entdeckungsrisikos mit dem erstochenen Baby im Arm durch die halbe Stadt fuhren, vermutet die Kripo, dass sie einen „engen Bezug“ zur Klinik haben müssen. In Absprache mit der Staatsanwaltschaft wurden dann die weiblichen Beschäftigten der Klinik „auf freiwilliger Basis“ aufgefordert, eine Speichelprobe abzugeben. Denn die Ermittler haben nicht nur die DNA des Säuglings, sondern auch DNA-verwertbare Spuren am Kind gefunden, sagte jetzt ein Beamter. Mit der DNA-Analyse ließe sich also nicht nur eine Verwandte unter dem Waldfriede-Personal ermitteln, sondern auch die Person, die das Kind getragen hat.

456 DNA-Proben warten in diesem Fall schon im LKA auf die Analyse – und die Kriminalbeamten haben derzeit viel zu tun, Kostenvoranschläge von großen Laboren und Universitätsklinika einzuholen. „Wir müssen jetzt klären: Wer ist am preiswertesten?“ ärgert sich eine Ermittlerin. „Ich soll da Prozente rausholen.“ Die PTU, das polizeieigene Labor, wäre mit der Anzahl der Proben völlig überfordert, heißt es im LKA. „Die haben genug zu tun mit den täglichen Mordfällen.“

Doch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die PTU die Analyse übernimmt, sagte Justizsprecher Retzlaff. Das ist delikat: Denn für die PTU muss die Justiz nicht zahlen, sondern nur für Analysen fremder Labore. „Wir bemühen uns, eine ökonomische Variante zu finden“, sagte Retzlaff. „Wir haben noch nicht über die Vergabe an auswärtige Institute entschieden.“ Der DNA-Test im Babyklappenmord wird etwa 60 000 Euro kosten – pro Stück 100 Euro.

Zu den 456 abgegebenen Proben erwarten die Ermittler etwa 150 weitere. „Viele frühere Beschäftigte der Klinik sind ins Bundesgebiet oder sogar in die USA gezogen“, sagte eine Ermittlerin. „Das dauert.“ Ende Januar sollten alle Proben ausgewertet sein, hoffte das LKA – aber nur, wenn die Justizkasse zahlt. Der DNA-Test ist jetzt noch die einzige Hoffnung der Ermittler im LKA. Denn nach fünf Monaten gehen jetzt keine Hinweise mehr ein und die alten „sind alle abgegessen“. Auch die 20 Hinweise zu den Anfang September veröffentlichten beiden Phantombildern brachten kein Ergebnis.

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