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Nur für Schwimmer. Die Zahl der Ertrunkenen steigt. Immer mehr ältere Menschen und Migranten sind darunter.

© dpa

Badewetter: Ertrinken ist eine unterschätzte Gefahr

Es bleibt heiß - das Wetter lässt sich im Moment fast nur im Wasser ertragen. Doch mit dem Badewetter kommt der Leichtsinn – 2009 gab es in Berlin-Brandenburg 28 Ertrunkene.

Berlin/Potsdam - Das ist gerade noch mal gut gegangen. Zwei Kinder wurden am Sonnabend nur knapp vor dem Ertrinken gerettet. Die neun und elf Jahre alten Jungen waren, wie berichtet, mit ihrem Schlauchboot auf der Havel an der Badestelle Bürgerablage in Spandau unterwegs, als sie 150 Meter vom Ufer entfernt kenterten. Einer der Jungen konnte nicht schwimmen und versuchte sich an seinem Freund über Wasser zu halten, der aber selbst noch Schwimmanfänger ist. Als die beiden Jungen ihre Kräfte verließen, entdeckten Badegäste die Ertrinkenden und alarmierten Rettungsschwimmer, die die beiden Jungen ans Ufer brachten.

Nichtschwimmer ohne Aufsicht paddeln gelassen

„Es war grob fahrlässig, den jungen Nichtschwimmer und seinen Freund unbeaufsichtigt auf der Havel paddeln zu lassen“, sagt Marcus Raasch, Leiter der Berliner Geschäftsstelle der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Bereits am Wochenende davor wurden drei Kinder an der Badestelle Reißwerder am Tegeler See vor dem Ertrinken gerettet, nachdem sie in eine Untiefe geraten waren.

Nicht nur Kinder unterschätzen häufig die Gefahren des Wassers. Erst am Freitag starb ein 42-jähriger Mann beim Versuch, betrunken den 500 Meter breiten Ruppiner See bei Neuruppin zu durchschwimmen. Auch für einen 51-Jährigen, der vor einigen Tagen im Neuköllner Schifffahrtskanal geborgen wurde, kam jede Hilfe zu spät. Der ebenfalls alkoholisierte Mann konnte nur noch tot aus dem Wasser geborgen werden.

Die Zahl der Ertrunkenen steigt

Insgesamt ertranken 2009 in Deutschland 474 Menschen. In Berlin waren es neun, in Brandenburg 19. Die meisten Ertrunkenen gab es allerdings nicht, wie man denken könnte, im Meer, sondern in Bayern. Hier starben 96 Menschen im Wasser, an Nord- und Ostsee kamen 16 Menschen ums Leben. Denn während Strandabschnitte häufig unter Aufsicht stehen, sind viele abgelegene Seen und Flüsse unbewacht. Gehen Menschen dort ins Wasser und geraten dann in Not, ist keine Hilfe in der Nähe.

Für die steigende Zahl der Toten sieht der DLRG mehrere Ursachen. Viele Kommunen müssen ihre städtischen Schwimmbäder wegen Geldmangels schließen. „Das Schulschwimmen wird immer stärker zurückgefahren, und gerade in ländlichen Regionen gibt es immer weniger öffentliche Bäder", sagt Raasch. Daher gebe es immer weniger geübte Schwimmer. Vor allem Männer überschätzten sich selbst: Rund drei Viertel der Ertrunkenen sind männlich.

Unter den Ertrunkenen sind auch immer mehr ältere Menschen

Unter den Ertrunkenen befinden sich auch immer wieder viele Migranten. Menschen, die aus küstenfernen Regionen stammen, können häufig gar nicht oder nur sehr schlecht schwimmen. Daher schätzen sie die Gefahren im Wasser und ihre eigenen Fähigkeiten oft falsch ein. Wie bei den Unfällen am Ruppiner See und am Neuköllner Schifffahrtskanal ist außerdem häufig Alkohol mit im Spiel. Er beeinflusst die körperliche Leistung und den Orientierungssinn. Viele Opfer schwimmen zu weit raus, werden erschöpft und schaffen es dann nicht mehr rechtzeitig ans Ufer.

Unter den Ertrunkenen steigt die Zahl der Erwachsenen und älteren Menschen. Mehr als die Hälfte aller 2009 registrierten Todesopfer ist über 50. Laut der DLRG gaben in einer Studie 44 Prozent aller Befragten über 60 Jahren an, gar nicht schwimmen zu können. Ebenfalls gestiegen ist die Zahl der Toten unter fünf Jahren. In diesem Alter können viele Kinder ebenfalls noch nicht schwimmen und ertrinken im heimischen Pool oder Gartenteich.

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