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Berlin: Bären, Bäume, Buden – ist denn schon wieder Weihnachten?

Auf dem Breitscheidplatz steht die festliche Fichte. Sie ist eine echte Berliner Pflanze. Und die Spende eines Rudower Ehepaars

Da machten die Bärenfiguren mit den roten Mützen große Augen, und die Glocken in ihren Tatzen schienen leise „Jingle Bells“ zu bimmeln: Auf dem Breitscheidplatz hat Weihnachten begonnen. Eben wurde die große Rotfichte aufgerichtet. Stolz und traurig zugleich haben Lieselotte und Dieter Rehfeld zugesehen, wie der Riese verankert wurde. Stolz, weil es ihr Baum ist. Traurig, weil er über viele Jahre ihren Vorgarten in Rudow geschmückt hatte. Das sei die letzte Ehre für ihren Baum, finden die Eheleute. „Ich bin ja mit ihm aufgewachsen“, fügte die 60-jährige Lieselotte Rehfeld hinzu. Denn ihre Großmutter hatte die inzwischen 22 Meter hohe Rotfichte vor 44 Jahren bei einem Urlaub im Fichtelgebirge ausgegraben und später im Garten am Meißner Weg eingepflanzt. Damals maß die Fichte erst 30 Zentimeter.

Zum Abschied sahen sich die Rehfelds jetzt gezwungen, weil ein Rohrbruch im Frühjahr die Wurzeln unterspült hatte und zur Schieflage führte, die sich durch den schweren Sturm im Sommer noch verstärkte. Da kam Lieselotte Rehfeld die Idee, den Baum zu verschenken. „Er ist schön“, stellte Werner Bubner vom Schaustellerverband erleichtert fest, nachdem die Fichte per Tieflader vor die Gedächtniskirche gebracht worden war. Dort ziert sie mit den rotbemützten Bären den Weihnachtsmarkt. Am 25. November ist Eröffnung. Es gebe zwar „auch ein paar Lücken“, so Bubner, aber die habe man zur Kirche hin gedreht. „In Ordnung“ und „ansehnlich“ lauteten auch die Meinungen von Passanten. Das Geschenk aus Rudow beendet vorerst die Serie von Pannen mit Weihnachtsbäumen für die City West. Vor zwei Jahren war eine Fichte aus dem Frankenwald als so kümmerlich eingestuft worden, dass man sie kurz nach der Aufstellung zersägte und Ersatz aus Brandenburg beschaffte. Im vorigen Jahr verlor eine Fichte aus Schweden beim Transport viele Äste und kam recht zerzaust am Breitscheidplatz an. Noch weniger Glück hatte die Regierung von Oberfranken, als sie die Blamage vom Dezember 2000 ein Jahr später mit einem Baum für den Ernst-Reuter-Platz ausbügeln wollte: Die 36-Meter-Fichte zerbrach beim Versuch, sie aufzustellen. Unterdessen hatte die schwedische Botschaft einen Baum spendiert. Doch am frühen Heiligabend verlor auch er den Halt und krachte aufs Pflaster vor dem Bahnhof Zoo. Der nächste Baum trifft heute ein: Um 11 Uhr soll eine 65 Jahre alte und 25 Meter hohe Tanne aus Franken aufgestellt werden. Sie ist für den Weihnachtsmarkt zwischen Alex und Jannowitzbrücke bestimmt. Auch das Kanzleramt will bald drei Tannen aufstellen. Die Baum- -Spender vom Breitscheidplatz haben übrigens in ihrem Garten nachgepflanzt. Für 685 Euro besorgten sich die Eheleute Rehfeld eine Eibe und eine Zypresse. Geld vom Schaustellerverband haben sie nicht bekommen, aber immerhin die Fällkosten gespart. Ihre Rotfichte lassen sie indes nicht allein. Bis Weihnachten wollen die Rehfelds noch ein paar Mal nach dem Rechten sehen.

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