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Berlin: Bahnen und Busse der BVG werden seltener fahren

Folge der Zuschuß-Streichung durch den Senat / Auch weniger Fahrzeuge im EinsatzVON KLAUS KURPJUWEIT Bei der BVG wird sich in diesem Jahr das Angebot verschlechtern, obwohl die meisten Preise am 1.März gestiegen und weitere Tariferhöhungen im nächsten Jahr bereits angekündigt sind.

Folge der Zuschuß-Streichung durch den Senat / Auch weniger Fahrzeuge im EinsatzVON KLAUS KURPJUWEIT Bei der BVG wird sich in diesem Jahr das Angebot verschlechtern, obwohl die meisten Preise am 1.März gestiegen und weitere Tariferhöhungen im nächsten Jahr bereits angekündigt sind.Bahnen und Busse werden seltener fahren, zudem sollen weniger Fahrzeuge eingesetzt werden.Für die Fahrgäste wird es dadurch noch enger.Die BVG zieht damit die Konsequenz aus dem Beschluß des Senats, den vertraglich zugesagten Zuschuß in Höhe von 970 Millionen Mark um 48,5 Millionen Mark zu kürzen. Für BVG-Finanzvorstand Joachim Niklas ist die Rechnung ganz einfach: Um fünf Prozent hat der Senat den Zuschuß gekürzt, um fünf Prozent wird folglich die BVG ihr Angebot einschränken.Eine Alternative habe das Unternehmen nicht, denn im vergangenen Jahr klaffte bereits ein Loch in Höhe von 360,3 Millionen Mark im Etat - 84,2 Millionen Mark mehr als geplant.Der Senat deckt seit einigen Jahren das Defizit der BVG nicht mehr vollständig ab, weshalb sich das Unternehmen verschulden muß.Gleichzeitig hat er innerhalb weniger Jahre den jährlichen Zuschuß um gut eine halbe Milliarde Mark gesenkt. Um dem Verkehrsbetrieb Planungssicherheit zu geben, schloß der Senat 1995 einen "Metropolenvertrag" mit der BVG ab, der dem Unternehmen einen jährlichen Zuschuß in Höhe von 970 Millionen Mark garantierte.Bei den Haushaltsberatungen für dieses Jahr beschloß der Senat dann, fünf Prozent der zugesagten Zahlungen jährlich zu streichen.Die BVG sollte die Differenz intern ausgleichen, zum Beispiel durch Liegenschaftsverkäufe.Dazu sieht sich das Unternehmen aber zumindest kurzfristig, wie berichtet, nicht in der Lage. Einschränkungen im Angebot bezeichnet die BVG seit Jahren als "Anpassung an die tatsächliche Nachfrage".So lasse sich auch dieses Mal die Reduzierung auffangen, ohne daß sie "zu sehr" für die Fahrgäste spürbar werde, sagte Niklas gegenüber der BVG-Mitarbeiter-Zeitung "Signal".Ein Mittel sei es, Straßenbahnen ohne Anhänger oder U-Bahnen mit weniger Fahrzeugen einzusetzen.Am Fahrplan ändert sich in diesen Fällen nichts, aber das Platzangebot wird reduziert. Zu spüren bekommen Fahrgäste dieses Verfahren häufig schon heute.Solo fahrende Straßenbahnen sind oft überfüllt, beispielsweise sonntags.Und wenn es bei der U-Bahn statt Zügen aus acht Wagen nur Einheiten mit sechs Wagen bei den Linien 1 bis 4 oder statt mit sechs nur mit vier auf den Linien 5 bis 9 gibt, herrscht meist ein Gedränge. Dabei sind sich Verkehrswissenschaftler einig, daß Autofahrer nur zum Umsteigen bewegt werden können, wenn sie einen gewissen Komfort im öffentlichen Nahverkehr finden.Zudem müssen Bahnen und Busse so häufig kommen, daß die Wartezeit auf Bahnhöfen und an Haltestellen nicht als zu lang empfunden wird. Umstritten ist, ob Verkehrsbetriebe ihr Angebot nur nach der Nachfrage richten oder ob sie erst ein Angebot schaffen sollen, das dann zu einer größeren Nachfrage führt, weil es attraktiv ist.Das Anpassen an die Nachfrage führt in der Regel zu einem weiteren Fahrgastrückgang, weil für viele Kunden das Angebot schlechter wird.Die BVG spürt die Folgen dieser Politik seit wenigen Jahren ganz deutlich: Als einziger großer Verkehrsbetrieb in Deutschland verliert sie von Jahr zu Jahr Fahrgäste.Fünf Prozent weniger als 1995 fuhren im vergangenen Jahr mit der BVG, während es im Verband Deutscher Verkehrsbetriebe durchschnittlich einen Zuwachs um zwei Prozent gab.KOMMENTAR Und wieder sind die Fahrgäste die Dummen Es kommt so, wie es kommen mußte.Und wieder werden es die Fahrgäste spüren.Der Senat streicht der BVG Geld, und der Verkehrsbetrieb streicht am Angebot.Eine andere Chance hat er auch gar nicht.Der Senat kürzte in den vergangenen Jahren den jährlichen Zuschuß bereits um rund eine halbe Milliarde Mark - bei ringsum steigenden Preisen.Groß jammern durfte die BVG hier nicht, denn es zeigte sich, daß das Unternehmen reichlich Speck angesetzt hatte, oft genug gefüttert vom Senat und der mächtigen ÖTV.Viele Privilegien waren eingeführt worden, um Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bei Laune zu halten.Rationalisierungen machten es möglich, die Kosten drastisch zu senken. Allerdings erfordert ein solches Programm auch Zeit, die der Senat dem Unternehmen jedoch nicht ließ.Im Gegenteil: Selbst an einen abgeschlossenen Vertrag hält er sich nicht, sondern kürzt die Zuschüsse weiter.Dies ist nur möglich, weil die BVG als Anstalt des öffentlichen Rechts voll vom Land abhängig ist.Der Vorstand wagt kaum aufzumucken, schließlich will er seine Verträge verlängert sehen.Schnell wanderte daher die Idee, gegen den Senat zu klagen, wieder in die Ablage.Einfacher ist es, das Angebot zu reduzieren.Da geht es schließlich nur um die Fahrgäste. Dabei geht es keinesfalls darum, ausgerechnet die BVG vom Sparen auszunehmen.Wenn der Senat aber nicht einmal mehr Verträge einhält, schadet dies auch woanders seiner Glaubwürdigkeit.Daß es noch ernsthafte Senatspolitik ist, den Autoanteil am Verkehr in der Innenstadt auf 20 Prozent zu beschränken, glaubt ohnehin fast niemand mehr.Nicht einmal am 1.April. kt

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