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Berlin: Bankchef Dieter Puchta

Für den jungen Gymnasiasten und engagierten Juso war die Diskussion zwischen Rudi Dutschke und Rolf Dahrendorf 1968 vom Dach ihrer Autos in Freiburg ein entscheidender Anstoß und Wegweiser für seinen beruflichen Lebensweg. Der Professor aus Konstanz hatte ihn stark beeindruckt.

Für den jungen Gymnasiasten und engagierten Juso war die Diskussion zwischen Rudi Dutschke und Rolf Dahrendorf 1968 vom Dach ihrer Autos in Freiburg ein entscheidender Anstoß und Wegweiser für seinen beruflichen Lebensweg. Der Professor aus Konstanz hatte ihn stark beeindruckt. Also wurde er nicht, wie von seinen Eltern gewünscht, Ingenieur. Stattdessen ging er nach dem Abitur an die junge Reform-Uni in Konstanz und studierte dort mathematische Ökonomie und Geldtheorie bei den international anerkannten Professoren Karl Brunner und Bruno Frey. Unvergesslich und prägend waren für ihn die offenen und anregenden Diskussionen damals – und seine Schach-Erfolge in der benachbarten Schweiz, wo er es sogar in die Nationalliga schaffte. 1973 mit erst 23 Jahren war er verheiratet, 1974 frischgebackener Prädikats-Diplom-Volkswirt mit einer Arbeit zur Inflation. Vier Jahre später folgte der Doktorhut mit summa cum laude. Sein Thema „Bundesbankentscheidungen“.

Für den Ökonomen, der mir heute in der noblen Vorstandsetage der Bank mit seiner silbergrauen Mähne und einer farbenfrohen Krawatte gegenübersitzt, war und ist sein Leben „ein ständiges Hin und Her zwischen Theorie und Praxis“. Die Praxis der Wirtschaft lernte er beim Hirt-Verlag in Zürich, in einer Steuerberatungsgesellschaft in Freiburg und zuletzt im Berufsschuldienst in Singen. Mit dem „von dort“ stammenden seinerzeitigen SPD-Bundesminister Rainer Offergeld begann seine politische Karriere: erst im Gemeinderat, dann im Kreistag, ab 1988 im Stuttgarter Landtag als finanzpolitischer Sprecher. Von dort war es ein logischer Zug als Wirtschaftsförderer zur Landesbank und zwei Jahre später – 2002 – in deren Vorstand. 2003 kam der Ruf aus und nach Berlin. „Haben Sie sich das gut überlegt, die können ja nicht mal Ihre Pension zahlen“, hat der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel ihn gewarnt. Aber die Herausforderung in Berlin habe ihn gelockt. Anders als Baden-Württemberg oder NRW habe man hier in der Vergangenheit keine oder die falsche Wirtschaftsförderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) betrieben. Während sie in Stuttgart die Gründung von technologienahen Unternehmen mit 1,6 Milliarden Euro gefördert haben, waren es in Berlin weniger als 100 Millionen Euro. Das hatte sich unter der Führung des aus dem Süden importierten Chefs bereits geändert. In Kooperation mit den hiesigen Geschäftsbanken vergeben sie heute vornehmlich Darlehen an bereits über 100 000 KMU. Diese Gelder fließen zurück und können dann wieder weiter „arbeiten“. Welche Wirkungen die Aktivitäten der IBB oder auch einzelne Events wie etwa die Berlinale auf den Berliner Arbeitsmarkt oder das Steueraufkommen haben, kann der Wirtschaftswissenschaftler Puchta an einem von ihm gebauten ökonometrischen Modell ablesen. Seine eigene, hoffentlich rosige Zukunft ist dort nicht abgebildet.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegel

Dieter Puchta (56), Doktor der Volkswirtschaft ist seit 2003 Vorsitzender des Vorstandes der Investitionsbank Berlin.

In seiner Freizeit spielt er gerne Schach.

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