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Berlin: Bankenkritiker zu Besuch in Grunewald

Grüne unterstützen Protest, PDS toleriert die Demo, CDU warnt vor Beschädigung des Anliegens

Die Route liest sich wie ein Adressverzeichnis vom „who is who“ des alten West-Berlin: Die Demonstranten starten am S-Bahnhof Grunewald kurz vor dem Haus des ehemaligen CDU-Fraktionschefs und BerlinHyp-Managers Klaus Landowsky. Weiter geht’s vorbei beim ehemaligen Bankvorstand Knut Fischer, zur früheren Villa des Vorstandsvorsitzenden der Bankgesellschaft, Wolfgang Rupf, und dann zum Haus des Immoblienunternehmers Klaus Groth. Nur den Chef der Weberbank, Christian Grün, wollen die Demonstranten nicht besuchen. Das läge zu weit ab von der Strecke.

Für Sonnabend rufen die „Initiative Berliner Bankenskandal“ und der „linke Ratschlag“, ein Zusammenschluss sozialer Protestgruppen, zum lange angekündigten „Grunewaldspaziergang“ zu den Verantwortlichen der Bankenaffäre auf. Die Polizei habe, berichtete einer der Initiatoren, der FU-Professor Peter Grottian, „ein paar Probleme mit der Demonstrationsroute in den engen Straßen“. Heute soll es ein abschließendes Gespräch zwischen Veranstaltern und der Polizei geben. Dann entscheidet sich, ob die Route verändert wird oder die Polizei sonstige Auflagen macht.

Die Initiative war für die Veröffentlichung der Fondszeichnerlisten scharf kritisiert worden. Ihr Anliegen jedoch fand Widerhall in fast allen Parteien. Vor der Demonstration allerdings warnte der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Steffel: „Ein Besuch bei Privathäusern ist kein Mittel für eine politische Demonstration“. Sollte es dabei zu Gewalt kommen, werde das richtige Anliegen der Initiative beschädigt. Jedoch könne er verstehen, „dass ein Stück Provokation dazu gehört“. Die PDS-Landeschef und neugewählte Fraktionsvorsitzende Stefan Liebich nannte die Aktionsform „nicht gelungen“. Im Prinzip sei es aber erfreulich, dass sich die Leute zu dem Thema engagierten, auch wenn er nicht alle Forderungen der Initiative teile. Die Grünen unterstützen die Demonstration zwar nicht, einzelne Ábgeordnete jedoch wollen sich ebenso beteiligen wie der Landeschef Till Heyer-Stuffer.

Bankenkritiker Grottian betonte am Dienstag, dass die Grundstücke unbehelligt bleiben sollen. „Wir wollen nicht auf die Grundstücke, wir wollen keine fürsorgliche Belagerung. Wir wollen kurz verweilen, um das Nötigste zu sagen“. Geplant sei zudem eine „Denkmalsenthüllung“. Und in der Nähe der Rupf-Villa ist ein Protest für niedrigere Bäderpreise geplant – in Anspielung auf die üppige Badausstattung im Hause Rupf. Grottian kündigte weitere Aktionen mit „Spaßcharakter“ an. Die Kritik an der Demonstration wehrte Grottian ab. Die Aktion sei legitim, da es sich bei der Bankenaffäre um eine „strukturelle Komplizenschaft von Politikern und Bankern handele“ und es um die Frage gehe, „wie man sich persönlich bereichert hat“. Ohne Provokation, wie auch durch die Veröffentlichung der Fondszeichnerliste, hätte man keine solche Debatte ausgelöst, erläuterte Birger Scholz von der Initiative. Uschi Volz-Walk vom „Linken Ratschlag“ nannte noch andere Motive für die Demonstration. Man wolle zugleich gegen die „neoliberale Politik in Berlin“ protestieren, in Anknüpfung an die weltweiten Proteste wie in Genua oder in Johannesburg.

Hans-Peter Schwintowski, Professor an der Humboldt-Universität, erklärte noch einmal das Anliegen der Initiative: die Belastungen für die Bank und den Landeshaushalt zu reduzieren. Indem Garantiezahlungen an Fondseigner etwa ab sofort eingestellt und bis zu einer gerichtlichen Entscheidung darüber auf ein Sonderkonto umgeleitet würden, könne man das Land ad hoc von 10 Milliarden Risikohaftung befreien. Zudem müsse eine Forderung an den Bund erwogen werden, da dieser über seine Aufsichtspflicht Mitverantwortung trage. Barbara Junge

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