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© Uwe Steinert

Barrierefreier U-Bahnhof Pankow: Eine Station weiter zum mobilen Leben

Für die meisten BVG-Fahrgäste ist es nur ein Fahrstuhl, an dem sie achtlos vorbeigehen. Für Behinderte ist der neue Lift im U-Bahnhof Pankow ein Fortbewegungsmittel, das genauso wichtig ist wie die U-Bahn.

Für die meisten BVG-Fahrgäste ist es nur ein Fahrstuhl, an dem sie achtlos vorbeigehen. Für Ute Schnur ist der neue Lift im U-Bahnhof Pankow ein Fortbewegungsmittel, das genauso wichtig ist wie die U-Bahn ein Stockwerk tiefer. Seit ihrer Geburt ist Ute Schnur spastisch gelähmt. An diesem Vormittag ist die 51-Jährige in ihrem elektrischen Rollstuhl ein begehrtes Fotomodell. Immer wieder soll sie auf die Taste drücken, um den Lift zu holen und dann in die Kabine zu rollen.

Den Fahrstuhl gibt es hier zwar schon länger und auch manches andere, das Behinderten den Zugang zum öffentlichen Nahverkehr leichter macht oder überhaupt erst ermöglicht. Am gestrigen Mittwoch bekam es der U-Bahnhof Pankow amtlich: Er wurde als erster barrierefreie U-Bahnhof der Stadt gekennzeichnet.

Sechs weitere sollen demnächst dieses signalgelbe Signet mit weißem Pfeil erhalten, darunter Hermannplatz und Kochstraße. Voraussetzungen dafür sind ein Blindenleitsystem mit geriffelten weißen Steinen, die mit dem Blindenstock ertastet werden können, und ein Fahrstuhl mit Sprachansage und Bedientastatur auf 85 Zentimeter Höhe oder eine befahrbare Rampe. 70 von 170 U-Bahnstationen verfügen über Letzteres, genauso wie 80 Prozent der 165 S-Bahnstationen.

„Eine Station ohne Fahrstuhl oder Rampe ist für mich als Rollstuhlfahrer nicht existent, bei der U-Bahn sind das 100“, erklärt Martin Marquard, der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung. Er hat die Aktion „Berlin barrierefrei“ 2004 ins Leben gerufen, um die Stadt behindertengerecht umzubauen. Marquard, der jeden Morgen mit der S-Bahn fährt, sind die 23 U-Bahnhöfe, die bis 2010 mit Aufzügen ausgerüstet werden sollen, längst nicht genug. Und der Umbau dauert ihm auch zu lange.

Im Vergleich zur Situation vor zehn Jahren ist Ute Schnurs Ehemann mit der Entwicklung zufrieden. Früher musste er seine Frau oft mitsamt Rollstuhl die Treppe hochhieven. Die 50-Kilo-Last kann er heute nicht mehr tragen. „Es kommt immer mal wieder vor, dass ein Fahrstuhl ausfällt, dann müssen wir zu einer anderen Station.“ Ronald Budach ist schon mal vor der Nase der Fahrstuhl kaputt gegangen. Wie immer hatte er eine halbe Stunde vorher eine Servicenummer angerufen, bei der er sich über die Funktionalität der Fahrstühle informieren kann. Doch auch dort kann man technische Ausfälle nicht vorhersehen. Ronald Budach leidet an einer Muskelerkrankung, kann nicht einmal ein Glas halten. Mit seinem 15 Stundenkilometer schnellen Rollstuhl holt er die Zeit oft wieder auf. „Auf den kann ich mich verlassen. Wenn ich allerdings zu schnell fahre, regen sich die Leute auf. Die wollen, dass ich behindert fahre.“ anr

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