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Berlin: Basisbefragung bleibt in der SPD heftig umkämpft Mitglieder in Lichtenberg mehrheitlich für Müller

Dessen Gegner wollen Parteitag nicht verschieben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Zum ersten Mal durfte die SPD-Basis darüber entscheiden, wer die Berliner Partei künftig führen soll. Denn am Montagabend lud der Kreisverband Lichtenberg die Kandidaten Michael Müller und Jan Stöß zu einer „mitgliederoffenen Vorstandssitzung“ ein. Nach der Diskussion durften alle anwesenden Genossen in geheimer Abstimmung ihr Votum abgeben. Mit 34 Stimmen lag Stadtentwicklungssenator Müller vorn, für den Parteilinken Stöß sprachen sich 15 Parteimitglieder aus. Der kleine SPD-Bezirksverband stellt allerdings nur sieben von 225 Delegierten auf dem Parteitag, der am 9. Juni den neuen Landesvorstand wählen soll.

Bis Ende Mai werden noch Friedrichshain-Kreuzberg, Spandau und Neukölln ihren Favoriten für den SPD-Landesvorsitz nominieren. Die vorläufige Bilanz des innerparteilichen Machtkampfs, der mit harten Bandagen ausgefochten wird: Beide Kontrahenten liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, mit leichtem Vorsprung für Stöß. Bei der geheimen Wahl des Parteivorsitzenden ist kein Delegierter an das Votum seines Bezirksverbands gebunden, das erschwert die Prognose. Es wird erwartet, dass sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in einer Rede auf dem Parteitag massiv für Müller einsetzen wird. Die Frage ist nur, ob das Wirkung zeigt.

In jedem Fall wird es ein turbulenter Parteitag, nicht nur wegen der Vorstandswahlen. Schon jetzt liegen 120 Anträge vor. Besonders fleißige Lieferanten sind die innerstädtischen SPD-Kreisverbände Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte, die sich zunehmend als politisch-ideologische Speerspitze der Berliner Sozialdemokraten verstehen. Sie wollen unter anderem eine staatliche Beteiligung an den Gas- und Stromnetzen, einen Mindestlohn von 8,50 Euro auch für öffentliche Beschäftigungsmaßnahmen und eine Direktvergabe der S-Bahn an ein kommunales Unternehmen durchsetzen. Außerdem wird gefordert, die Internationale Gartenschau 2017 auf dem Tempelhofer Feld abzusagen, um das so gesparte Geld in die Wohnungsbauförderung zu stecken. In einem weiteren Antrag wird die Schuldenbremse für den Landeshaushalt infrage gestellt: „Weitere Sparprogramme lösen keine Probleme.“ Der Senat solle das Sanierungsprogramm, das 2011 mit Bund und Ländern vereinbart wurde, aufkündigen.

Ob der Parteitag überhaupt stattfindet, ist noch offen. Seit einer Woche läuft ein Mitgliederbegehren, um zu erzwingen, dass die SPD-Basis über den nächsten Parteichef entscheiden kann. Die Unterschriftensammlung lief erfolgreich an. Auch in Lichtenberg wurden Unterstützerlisten herum gereicht. Es ist unklar, wie sich der SPD-Landesvorstand auf seiner Sitzung am nächsten Montag dazu verhalten wird. Die Anhänger von Stöß wollen verhindern, dass der Wahl-Parteitag in den Herbst verschoben wird.

„Wenn der Landesvorstand dem nachgibt, wären wir bald komplett gelähmt“, warnt die Spandauer Vize-Kreisvorsitzende Ulrike Sommer im Internet-Blog. Die enge Vertraute des SPD-Fraktionschefs Raed Saleh kritisiert das Mitgliederbegehren, das zwei Ortsverbände ihres Kreisverbands organisiert haben, als „vordergründig basisdemokratisches Verfahren“. Der SPD-Chef Müller hoffe offenbar auf „größere Chancen bei den inaktiven Mitgliedern“. Die Ehefrau des DGB-Chefs Michael Sommer und Mutter der Juso-Vizechefin Helene Sommer stellt die jüngsten Beschlüsse des SPD-Bundesparteitags zur innerparteilichen Demokratie grundsätzlich infrage: „Wenn das Schule machte, dann könnte jeder mal rasch ein Mitgliederbegehren zu allerlei Themen in Gang setzen.“ Basisdemokratie „dieser Sorte“ koste Geld und nutze nur denen, die längst Funktionen und Mandate hätten.

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