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Bündnis für das Baudenkmal. Elisabeth Ziemer und Agnete von Specht (li., 2.v.r.) vom Verein „Denk mal an Berlin“ mit dem Historiker Reinhard Rürup und Gutachter Dietrich Worbs (re.).

© Cay Dobberke

Baudenkmal in Berlin-Charlottenburg: Gutachter warnt vor größeren Umbauten im Hotel Bogota

Noch befindet sich in der Schlüterstraße 45 in Berlin-Charlottenburg das berühmte Hotel Bogota. Wegen Mietschulden hat der Hauseigentümer dem Hotel jedoch gekündigt. Er plant Läden und Büros. Doch ein Gutachter warnte am Mittwoch vor den geplanten Umbaumaßnahmen.

Dietrich Worbs war mal Mitarbeiter des Landesdenkmalamts – und ist heute oft zur Stelle, wenn historische Teile des Stadtbilds wie Gaslaternen oder die Ku’damm-Bühnen bedroht erscheinen. Am Mittwoch stellte der Bauhistoriker ein Gutachten zum denkmalgeschützten Haus Schlüterstraße 45 in Charlottenburg vor. Noch dient es dem Hotel Bogota, aber der Hauseigentümer hat wie berichtet wegen Mietschulden auf Räumung geklagt.

Der Vermieter Thomas Bscher plant Läden und Büros. Er hat angekündigt, das 1911 als Wohnhaus errichtete Gebäude „auf seine historischen Strukturen zurückzuführen“. Doch dabei könnten die wichtigsten Teile verloren gehen, fürchtet nicht nur Worbs. Auf Einladung des Vereins „Denk mal an Berlin“ hob auch Reinhard Rürup, ehemals Gründungsdirektor der Stiftung Topographie des Terrors, die Besonderheiten hervor. Dazu zählt das einstige Atelier der berühmten Fotografin Yva, in dem Helmut Newton lernte. Bis zur Nazizeit gab es viele prominente jüdische Bewohner, Worbs spricht von einem Ort der „zerstörten Vielfalt“. Auch Yva und ihr Mann Alfred Simon waren Juden, sie wurden 1942 deportiert und in einem KZ ermordet.

Im selben Jahr zog die NS-„Reichskulturkammer“ an der Schlüterstraße ein, zu deren Aufgaben die Kontrolle der deutschen Filmproduktion gehörte. Dafür wurde im heutigen Frühstückssaal des Hotels ein kleines Kino eingerichtet. UFA-Schauspielstars wie Hans Albers, Heinrich George, Gustaf Gründgens und Heinz Rühmann kamen vorbei, um im umfunktionierten Musikzimmer einer Wohnung mit dem „Reichsfilmintendanten“ über Rollen und Gagen zu verhandeln. Später schufen die Briten im Haus eine Entnazifizierungs-Kammer, der sich ebenfalls berühmte Künstler stellen mussten.

Im Sommer 1945 gab es an der Schlüterstraße auch die erste Berliner Nachkriegsausstellung mit Werken expressionistischer Maler und Bildhauer, außerdem residierten dort vorübergehend der von Johannes R. Becher gegründete „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ und der Aufbau-Verlag.

Worbs und Rürup fordern, die zwei Atelieretagen zu erhalten und im Parterre auf weitere große Umgestaltungen zu verzichten, wie es sie vor Jahren schon für ein Küchenstudio gegeben hatte. Rürup fügte hinzu, aus kulturhistorischer Sicht gehe es nicht um das Hotel, sondern um das Haus an sich. Elisabeth Ziemer, die als Grünen-Politikerin bekannte Vize-Vorsitzende des Denkmalschutzvereins, wies auf die kulturgeschichtliche Bedeutung über Berlin hinaus hin.

Das Gutachten geht Denkmalschutzämtern und Politikern zu. Der Verein hat es auch im Netz veröffentlicht, zusammen mit einer Stellungnahme von Rürup (www.denk-mal-an-berlin.de/das-besondere-denkmal/hotel-bogota).

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